Nachdem mein vorheriger Blogpost über den Verlauf der Aartalbahn im Wiesbadener Stadtgebiet so gut ankam und viele kommentierten, dass sie sich auf die Fortsetzung freuen würden, war mein Ehrgeiz natürlich geweckt. Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Taunusüberquerung sowie dem weiterführenden Abschnitt bis Bad Schwalbach.
So zog ich am letzten Novembersamstag wieder los. Gut eingepackt in mehrere Schichten Kleidung. Im Rucksack neben einem ordentlichen Vesper zwei Thermoskannen heißen Tee machte ich mich zum Wiedereinstieg nach Dotzheim.
Der letzte Abschnitt durchs Wiesbadener Stadtgebiet
Etwa zwei Kilometer lang schlängelt sich die alte Bahnstrecke von Wiesbaden nach Bad Schwalbach nach dem Dotzheimer Bahnhof noch durch das Stadtgebiet zwischen den Stadtteilen Kohlheck und Klarenthal hindurch. Langenschwalbach kennen wir heute übrigens unter dem Namen Bad Schwalbach, aber zur Entstehungszeit der Eisenbahn trug die Stadt noch den alten Namen.
Zu sehen bekommt man sie in diesem Abschnitt nur von einigen Brücken, auf denen die Bahn Straßen oder Fußwege überquert. Alternativ kann man mit etwas Wartezeit und dem nötigen Kleingeld natürlich auch eine Kleingartenparzelle in einer der vielen Schrebergartenanlagen entlang der Strecke kaufen. Mit dem Ende der Siedlungsbebauung verschwindet die Aartalbahn dann in den letzten Ausläufern des dichten Taunuswaldes.
Wie ihr seht, wurde es mit jedem Höhenmeter, den die Strecke und ich erklomm, nebeliger. Anfangs war ich genervt, weil die Wetter-App eigentlich 6 Sonnenstunden vorher gesagt hatte für Wiesbaden. Die hatte es am Rhein unten in Biebrich vielleicht, aber nicht bei mir….
Mit der Zeit fand ich mich aber mit der herbstlichen Stimmung im Wald ab. Hatte sie doch auch etwas ganz besonderes. Wenigstens musste ich mir keine Gedanken machen, ob ich nun mit – oder gegen – die Sonne fotografieren soll.
Wie man auf dem Foto sieht, kamen in diesem Waldabschnitt schon mehr Menschen auf die Idee entlang der Schienen spazieren zu laufen. An einem Baumstamm war sogar Klebeband angebracht. Ob damit jemand verhindern will, dass seine Hose beim Queren jedesmal dreckig wurde? Oder soll der Baumstamm mit der Umwickelung schneller durchfaulen?
Nochmal zum Vorschau kommt die Strecke der Aartalbahn am Bahnübergang der Wenzel-Jaksch-Straße, die hier gerade Kohlheck verlassen hat. Auch wenn hier schon lange kein Zug mehr fuhr, sah der Bahnübergang noch recht gut in Schuss aus.
Danach folgen der Strecke für einige hundert Meter ein paar Wald- und Wanderwege bis zum Chauseehaus. Auch Drängelgitter an einem weiteren Bahnübergang stehen noch bereit. Allzeit bereit für den nächsten Regionalexpress ins Aartal.
Zwischen Bahnhof Chauseehaus und Bahnhof Eiserne Hand
Vor dem Bahnhof Chauseehaus folgt dann ein relativ kurvenreicher Abschnitt. Hier wurde beim letzten Mal wechseln der Schienenstränge zumindest einer nicht ins Lager gebracht. Und so wirkt die Strecke hier, als würde ein Dreischienengleis liegen.
Einen Meterstab hatte ich keinen dabei, könnt ihr dann ja mal nachmessen, ob hier zusätzlich zur Regelspur (1435 Millimeter) noch russische Breitspur (1520 Millimeter) oder gar Iberische Breitspur (1668 Millimeter) im Wald liegt.
An der Strecke wechselten sich Kilometertafeln neuerer Art und alte Kilometersteine ab. Ein ganz besonders schönen fand ich am Bahnhof Chauseehaus. Aber Bahnhof war die Station nur in ihren ersten Jahren, die letzten Betriebsjahre war sie betrieblich gesehen nur noch ein Haltepunkt an der Strecke.
Drei Gleise und damit einige Weichen soll der Bahnhof einmal gehabt haben, aber davon sieht man heute nichts mehr. Noch gut zu erkennen ist jedoch der Bahnsteig und natürlich das Bahnhofsschild. Am rechten Pfosten hängt sogar noch eine Fahrplanhalterung. Fahrplan fand ich jedoch keinen mehr vor. Mehr zum Fahrplan auf der Aartalbahn später im Artikel.
Die meisten werden vom Bahnhof Chauseehaus wohl nur den Bahnübergang kennen. Hier quert die Lahnstraße von Wiesbaden nach Schlangenbad die Bahnstrecke.
Auf dem weiteren Streckenverlauf schlängelt sich die Aartalstrecke in zahlreichen Kurven um den Schläferskopf herum. Mit seinem Aussichtsturm gehörte dieser Berg früher auch einmal zu Wiesbadens zahlreichen Waldspazierrunden für die Kurgäste.
Kurz bevor der Berg dann richtig ansteigt, teilt die Bahnstrecke noch einen Golfplatz in zwei Teile. Dieses Kuriosum dürfte wohl auch nicht so häufig vorkommen.
Weil die Bahnstrecke im weiteren Verlauf auf einem Bahndamm verläuft, musste der Waldweg und der Gehrner Bach eine Möglichkeit bekommen die Strecke zu passieren. So wurde für Bach und den Waldweg eine gemeinsame Unterführung erbaut. Der Bach wird kurz vor der Passage unter die Straße geleitet und tritt danach (links im Bild) wieder an die Oberfläche.
Für mich wurde es rund um den Schläferskopf mit jedem Höhenmeter nebeliger. Wer also mal eine spannende Krimiszene drehen will, hier ist eure perfekte Location. Nicht mal Nebelmaschinen braucht es. Doch dann…
… kurz vor 11:00 Uhr und nachdem ich schon etwa zwei Stunden unterwegs war, brach sie doch noch durch. Die Sonne! Für kurze Zeit riss der Himmel auf.
Ich dachte erst, dass über diese Brücke einst einmal die Straße von Wiesbaden nach Wehen verlief, lange bevor die heutige Bundesstraße neu trassiert wurde. Aber diese Annahme muss wohl falsch sein.
Ich habe lange in alten Landkarten gesucht und dabei Karten von 1954, 1945 und sogar 1893 gefunden im Internet. Aber in jeder Karte verlief die Straße schon auf der heutige Trasse. Über diese Brücke kurz vor der Eisernen Hand führte laut den Karten immer schon nur eine Nebenstraße oder gar ein Waldweg. Nachfolgend noch der Blick von der etwas baufälligen Brücke Richtung Eiserne Hand.
Die Eiserne Hand: Scheitelpunkt der Bahnstrecke
Kurz darauf folgt dann die Brücke der Bundesstraße 54. Diese muss wohl beim Ausbau mal erneuert worden sein. Die B54 führt dreispurig über den Taunus. Auf beiden Hangseiten hat der bergwärts fahrende Verkehr zwei Spuren zur Verfügung, sodass langsame LKW überholt werden können. Der autogerechte Ausbau war wohl auch ein Beschleuniger für den Niedergang der Eisenbahnstrecke.
Kurz nach der Unterquerung der Bundesstraße habe ich dann schließlich auch das Wiesbadener Stadtgebiet verlassen, denn der Bahnhof Eiserne Hand steht bereits auf Taunussteiner Gemarkung.
Die Eiserne Hand ist ein Gebirgspass auf dem Taunushauptkamm. Mit einer Passhöhe von 423 Meter über dem Meer stellt er den niedrigsten Übergang über den bewaldeten Taunus im Wiesbadener Hinterland dar. Klug gewählt also für den Streckenverlauf der Eisenbahn.
Auf den anderen beiden Übergängen muss man deutlich mehr Höhenmeter überwinden. Das Jagdschloss Platte liegt auf rund 500 Metern und wählt man den Weg über die Hohe Wurzel muss man gar auf 617 Meter über Normalnull „klettern“. Zur Erinnerungs. Wiesbadens Hauptbahnhof liegt nur rund 110 Meter über dem Meeresspiegel.
Das Bahnhofsgebäude wurde nach einem Brand 2004 wieder aufgebaut und 2007 eröffnete dort der Waldgeist, ein Restaurant in den alten Räumlichkeiten des Bahnhofsgebäudes. Auch die große Wartehalle zu den Gleisen hin, die der Bahnhof im Jahr 1910 erhalten hat, wurde dem Original angenähert wiederhergestellt. Das Gebäude steht inzwischen wieder unter Denkmalschutz. Vom zweiten und dritten Gleis im Bahnhof sieht man heute kam noch was. Alles mit Gestrüpp überwuchert. Man kann nur noch anhand der Bodenunebenheiten ein bisschen erahnen, wo sie einmal lagen. Holz soll hier früher einmal in größerem Maßstab verladen worden sein.
Angelegt wurde der große Bahnhof im Nirgendwo für meine Vorvorgänger. Wanderer und Kurgäste der Weltkurstadt Wiesbaden. Und damit Ausflugsgäste vor oder nach der Wanderung nicht hungern mussten, wurde eine Bahnhofsgastronomie angebaut.
Ohne Corona-Shutshown hätte ich dort auch einkehren können. Da das aber nicht möglich war, nutzte ich ein sonniges Plätzchen unweit des Bahnhofs für eine kurze Mittagsrast. Der heiße Tee wollte ja auch mal getrunken werden.
Oben auf dem Pass muss es über die Nacht unter null Grad gehabt haben, denn die Sonnenstrahlen tauten allerhand gefrorene Wassertropfen in den Baumwipfeln, sodass nun ein leichtes Tröpfeln zu hören war. Zusammen mit der wahnsinnig schönen Lichtstimmung echt wundervoll.
Der Abschnitt vom Taunuskamm runter nach Hahn-Wehen
Von den 421 Höhenmetern ging es auf der anderen Seite wieder runter nach Taunusstein. Aber weit nicht so tief wie nach Wiesbaden, sondern nur auf etwa 348 Meter über dem Meer.
Hierbei mal der kurze Einschub, dass eine Ortschaft mit dem Namen Taunusstein gar nicht existiert. Es gibt im Stadtgebiet von Taunusstein sechs ehemalige selbstständige Gemeinden, die sich im Jahr 1971 zur Stadt Taunusstein zusammen geschlossen haben. Im Einzelnen sind das Bleidenstadt, Hahn, Neuhof, Seitzenhahn, Watzhahn und Wehen. Rund ein Jahr später schlossen sich der neuen Stadt mit Hambach, Niederlibbach, Orlen und Wingsbach vier weitere Gemeinden auf freiwilliger Basis an. Ein richtiges Stadtzentrum existiert dabei aber bis heute nicht. In Ost-West-Richtung muss man dabei rund 13 Kilometer zwischen Neuhof und Seitzenhahn zurücklegen. Die meisten anderen Stadtteile liegen dazwischen.
Die Bahnstrecke führt dabei durch die Stadtteile Hahn und Bleidenstadt. Der Rest wurde links liegengelassen und besaß auch keinen Bahnanschluss oder Haltpunkt. Nur Wehen war im Bahnhofsnamen von Hahn mit enthalten, dieser lag beziehungsweise liegt aber mitten in Hahn.
Auf dem oberen Bild blicke ich Richtung Bahnhof Eiserne Hand. Links sieht man den neu errichteten Busbahnhof von Hahn inmitten eines überdimensionalen Kreisverkehrs. Der ehemalige Bahnhof sowie der Bahnübergang vom nächsten Bild befinden sich hinter mir.
Das Bahnhofsgebäude war baufällig und wurde abgerissen. Inzwischen wird hier auf dem ehemaligen Bahnhofsgelände fleißig gebaut. Die große Baustelle nimmt dabei sogar zwei der drei Gleise an dieser Stelle mit in Beschlag. Zwischen all den Baumaterialen stehen inmitten der Baustelle noch vier alte Güterwaggons. Ein ehemaliger Kesselwagen der Infraserv Wiesbaden, ein Schüttgutwagen, ein Packwagen sowie ein offener Wagen wurden dort scheinbar vergessen. Soweit ich gesehen hab, ist der Verein Nassauische Touristikbahn Eigentümer aller vier.
Ein paar Meter weiter sieht man dann die Reste des Bahnsteigs von Hahn-Wehen. Wie alle Bahnhöfe entlang der Strecke waren die Bahnsteige recht lang. Ob es mal zwei oder drei Bahnsteige für den Personenverkehr gab, konnte ich nicht mehr genau erkennen. Warum, das seht ihr auf dem nächsten Foto…
Ein Teil der Bahnhofsgleise wurde die letzten Monate nämlich demontiert und lagert nun gestapelt am Rande der Baustelle. Nicht falsch verstehen, die Strecke ist schon noch durchgängig vorhanden, aber das bahnhofseitige Gleis 4 wurde entfernt. Ich nehme an, dass es ein Ladegleis parallel zu einem Güterschuppen war. Vom Schuppen findet sich aber ebenfalls längst keine Spur mehr.
Ebenfalls schon seit längerer Zeit beseitigt ist das zweite Gleis auf der Brücke über die Gottfried-Keller-Straße. An ihrer Breite kann man aber noch gut erkennen, dass hier früher mehr Betrieb herrschte.
Nach der alten Brücke im Bahnhofsbereich folgt eine neuere Brücke. Sie wird Magistralebrücke genannt und ist ein sehr merkwürdiges Bauwerk. Sie ist nämlich gleichzeitig Fußgänger- als auch Eisenbahnbrücke über die als Schnellstraße ausgebaute B54 an dieser Stelle. Allerdings ohne separaten und gesicherten Fußgängerbereich an der Seite.
Nein, als Fußgänger läuft man mitten im Gleisbett, das hier mit Stahlgitter ausgekleidet wurde. Beim Erkunden habe ich mich sehr lange gefragt, wie diese Konstruktion wohl gesichert war. In Deutschland gibt es doch für alles Richtlinien und Regeln. Aber einen ca. 70 Meter breiten Bahnübergang – so ist die Brücke gekennzeichnet – kannte ich bisher nicht.
In einem Blog namens Lostplace Wunderland fand ich dann aber die Lösung. Die Strecke verlief hier früher auf einem Bahndamm. Als die vierspurige Schnellstraße Richtung Wiesbaden Mitte oder Ende der 80er-Jahre gebaut wurde, war der Bahnverkehr auf der Strecke bereits eingestellt. Man wollte es sich einfach machen und den Bahndamm und die darüber verlaufende Strecke einfach abreißen, aber das wurde nicht genehmigt.
Durch die Anerkennung der Strecke als Denkmal musste eine andere Lösung her. Und so schuf man diese kombinierte Fußgänger- und Eisenbahnbrücke, die aber außer im Museumsbahnbetrieb an Sonntagen nie von gemeinsam Fußgängern und Zügen genutzt wurde.
Im weiteren Verlauf von Hahn nach Bleidenstadt
Auch im weiteren Verlauf durch Hahn und Bleidenstadt wurde die letzten Jahre oft bis an die Bahnstrecke heran gebaut. Sollte irgendwann doch einmal wieder Bahnverkehr über die Strecke rollen, so werden die direkten Neuanwohner*innen dort sicher die ersten sein, die eine Bürgerinitiative gegen den Bahnlärm gründen.
Glücklicherweise viel besser erhalten ist das ehemalige Bahnhofsgebäude des Haltepunkts Bleidenstadt. Hier im Bahnhof sind auch noch alle Gleise erhalten. Es gab nämlich nie mehr als eins.
Als wäre die Zeit stehen geblieben, stand Gartenzauntor zwischen Bahnhof und Bahnsteig noch offen. Das etwas verblichene Warnschildchen kann die letzten Jahrzehnte ohne Pflege an der Witterung jedoch nicht ganz verstecken.
Eigentlich befindet sich das Bahnhofsgebäude auf der falschen Bahnsteigseite. Oder der Bahnsteig auf der falschen Seite des Gleises. Warum das so ist? Keine Ahnung. Auf dem Bahnsteig findet man noch ein Wartehäuschen, an dem die nächtlichen Treffs der Dorfjugend die letzten Jahre auch nicht ganz spurlos vorbei gegangen sind.
Wenige Meter hinter dem Haltepunkt führt die Strecke unter einer wunderschönen Bogenbrücke hindurch. Leider scheint die Statik der Brücke nicht mehr die allerbeste zu sein, denn inzwischen stützt ein Holzgerüst den Bogen ab. Ein Zug müsste aber trotzdem noch durchpassen. Oben am Hang sieht man die Kirche „St. Peter am Berg“. Auf der linken Seite der Brücke liegt ein einzelner Hof. Weiter führt die Straße nicht mehr.
An der Aar entlang durch das Tal nach Bad Schwalbach
Nachdem man Bleidenstadt verlassen hat, führt die Strecke durch das anfangs recht breite Aartal. Die Sonne, die am Mittag mal kurz rausgeschaut hatte, war inzwischen leider auch wieder spurlos verschwunden. Über dem Tal lag wieder eine dichte Nebelschicht.
Etwa auf halber Strecke der rund 5 Kilometer zwischen Bleidenstadt und Bad Schwalbach findet man den „Alten Damm“. Über ihn laufen darf man noch, für Verkehr aller Art ist er jedoch gesperrt. Es droht Einsturzgefahr.
So wirklich wichtig ist die Verbindung an dieser Stelle auch nicht mehr. Aber ein Holzschild weist darauf hin, dass die Brücke einst einmal ein Grenzübergang war. An dieser Stelle verlief nämlich die Grenze zwischen dem Kurfürstentum Hessen und dem Herzogtum Nassau. Aber nur bis 1896. Danach wurden beide von Preußen annektiert. Wiesbaden stand damals übrigens Nassau vor, nicht dem aus Kassel regierten Kurhessen.
Das Tal ist nun auch wieder viel enger. Wiesen an den sanften Hängen gibt es hier keine mehr. Der Wald wächst direkt bis an die Bahnstrecke und die Aar heran. Der Untergrund ist felsig und die Hänge sehr steil.
Beim Wandern wusste ich nicht, um was es sich bei den Holzboxen handelt. Überall entlang der Bahnstrecke hatte die jemand in die Bäume gehängt und durchnummeriert. Inzwischen weiß ich, dass es sich dabei um Haselmaus-Nistboxen handelt. Vielen Dank an Andreas für den Hinweis im Kommentarbereich.
Das nächste Bauwerk an der Strecke folgt dann an der Lauberstegmühle. Hier wird das Flüsschen Aar das erste Mal überquert. Dem Fluss folgt die Bahnstrecke dann im restlichen Verlauf bis nach Diez. Den Abschnitt hinter Bad Schwalbach hab ich mir aber noch nicht angeschaut. Der könnte dann vielleicht einen dritten Blogpost geben.
Auffällig an der Brücke ist, dass sie sehr viel breiter ist als notwendig und von der Aartalbahn schräg gekreuzt wird. Eventuell hing die Bauweise damit zusammen, dass hier einst einmal ein Ladegleis zur Mühle nach rechts abzweigte. In der Openrailway-Karte ist zwar nichts eingezeichnet, aber das zweite Gleis liegt noch gut sichtbar unter dem Gestrüpp entlang des Schuppens. Die zweite Weiche des Ladegleises ist in Teilen noch erhalten.
Zwischen den beiden Städtchen queren zwei kleine Straßen die Strecke. An den alten Bahnübergängen kommt die Strecke also kurz zum Vorschein. Ansonsten führt die relativ versteckt zwischen Wald und Aar durchs Tal. Die B54 verläuft dabei meist am gegenüberliegenden Rand des Tals.
Bauwerke wie der Bahnübergang nach Hettenhain würden heute in der Form sicher nicht mehr genehmigt werden. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse blockiert ein längeres Fahrzeug wie zum Beispiel ein Bus hier Bahnstrecke, während er auf eine Lücke auf der Bundesstraße wartet. Außerdem muss er aufpassen, dass er nicht aufsitzt, so steil wie die Rampe hier ist. Jedes Auto, das ich hier am Samstag innerhalb weniger Minuten beobachtete legte hier einen Kavalierstart mit durchdrehenden Reifen hin.
Die Bahnhofseinfahrt nach Bad Schwalbach
Schon etliche Meter vor dem eigentlichen Bahnhofsgelände zweigten im Zulauf auf Langenschwalbach einige Gleise ab. Ob dies Ladegleise waren oder Teil des Betriebswerkes kann ich nicht sagen. Das Gleis mit der Nummer 16 liegt nämlich auf der Rückseite des Ringlokschuppens.
Auf dem nächsten Bild sieht man den gelben noch gut erhalten ehemaligen Ringlokschuppen. Über eine kleine Drehscheibe bot er Schutz für vier Lokomotiven. Von der Drehscheibe habe ich nichts mehr gesehen. Auch der Schuppen selbst wurde zur Nachnutzung etwas umgebaut.
Den Lokschuppen und die Drehscheibe fand man östlich der Streckengleise. Westlich davon befinden oder befanden sich drei weitere Gleise. Das nachfolgende Bild zeigt sie. Oder das, was die Natur sich davon noch noch nicht zurück geholt hat. Sagt ihr mir: was passt besser: „befinden“ oder „befanden„?
Das nächste Bild zeigt die letzte langgezogene Kurve vor dem Bahnhofsgebäude und den Bahnsteigen. Rechts befanden sich einige Ladegleise für den Güterverkehr. Links nochmal die Überreste von Gleis 4, 5 und 6. Die Nummerierung habe ich übrigens immer Openrailway-Map entnommen.
Die beiden Waggons rechts haben wohl eine Nachnutzung gefunden und wurden etwas umgebaut. Der links hingegen wartet darauf bis der Rost und irgendwelche Würmer im Holz ihn vollständig aufgefressen haben.
Bahnsteige für den Personenverkehr besaß Langenschwalbach am Hausbahnsteig (Gleis 11), am ersten Bahnsteig für Gleis 1. Von hier hätte man ebenfalls nochmal Zugang zu Gleis 11 gehabt sowie am zweiten Bahnsteig für Gleis 2, welcher wiederum zusätzlich noch an Gleis 1 grenzte.
Ob an Gleis 1 und 11 beidseitig ausgestiegen werden konnte weiß ich nicht. Vielleicht war es ganz nützlich, wenn die Verbindung von Diez nach Wiesbaden in Bad Schwalbach gebrochen wurde und man umsteigen musste.
Was man in Bad Schwalbach aber immer musste, das war ein ganzes Stück laufen ins Stadt- und Kurzentrum. Oder umsteigen in eine Kutsche oder Droschke. Vom Bahnhof zum Kurhaus sind es nämlich nochmal rund 2 Kilometer. Die Citybahn hätte deshalb noch ein Stück Richtung Stadtkern fahren sollen, aber die haben die Wiesbadener ja erfolgreich verhindert.
Apropos Fahrplan…
Im Zuge meiner Erkundungswanderung habe ich auch bisschen nach alten Fahrplänen der Strecke gesucht. Das Netz und insbesondere meine Follower auf Twitter erwiesen sich hier als wahre Goldgrube. Mir liegen nun Fahrpläne der Strecke von 1905, 1934, 1943, 1950, 1962, 1974 und 1976 vor. Ich war echt baff, wie viel Power da in wenigen Minuten nach meinem Tweet mit Frage danach zusammen kam. Dafür ein herzliches Dankeschön an @EinMurmeltier, @jones_, @vorortanleiter und @tmmd!
Dazu muss man wissen, dass die Deutsche Bundesbahn beziehungsweise davor die Deutsche Reichsbahn jedes Jahr ein oder zwei Bücher rausbrachte. Das sogenannte Kursbuch mit Sommer- und Winterfahrplan, in dem alle Zugfahrpläne (west-)deutschlandweit abgedruckt waren. Ich verlinke euch die Scans alle am Ende des Artikels.
Als Bonus bekam ich sogar noch einen Auszug aus dem Kursbuch 1991/1992, als die Strecke schon im Museumsbetrieb war und nur noch sonntags verkehrte. Sehr interessant auch, wie häufig die Nebenbahn die Kursbuchstreckennummer gewechselt hat. Zwischen 1905 und 1992 hatte die Aartalbahn all diese Streckennummern mal inne: KBS 167b, KBS 190, KBS 190c, KBS 190e, KBS 195e, KBS 548 und KBS 597. Die detaillierte Zuordnung ebenfalls am Ende des Artikels.
Die abgestellten Fahrzeuge im Bahnhof von Bad Schwalbach
Kurz nochmals zu den Fotos aus dem Bad Schwalbacher Bahnhof. Im Bahnhof stehen aktuell noch zwei Personenwaggons, die rot-beige lackiert sind und zwei Güterwaggons auf den Bahnhofsgleisen sowie weitere zwei umgebaut zu Gartenhaus oder Lagerhalle am Ladegleis. Lokomotive(n) findet man im Bahnhof keine. Triebwagen, die auf den Namen „Limburger Zigarren“ hörten ebenfalls nicht.
Eine Besonderheit dieser Baureihe war, dass sie als Akkumulatortriebwagen betrieben wurde. Oder auf gut deutsch gesagt: es war eine riesengroße Batterie eingebaut und die Züge konnten auf Strecken ohne Oberleitung trotzdem elektrisch fahren. Und das Ganze vor knapp 70 Jahren! In Dienst gestellt wurden die Triebwagen ab dem Jahr 1952, ausgemustert wurden die letzten zwischen 1982 und 1984.
Um was für einen Typ es sich bei beiden Personenwaggons handelt, weiß ich nicht. Vielleicht gebt ihr mal einen Hinweis in den Kommentaren. Sind es “Langenschwalbacher”? Hab vor Ort nicht geschaut, ob sie wirklich vierachsig sind und auf den Fotos erkennt man es leider nicht genau.
Reisezeit und der Niedergang der Bahnverbindung im Fahrplan
Die Fahrpläne habe ich natürlich auch ein bisschen auf die Anzahl der Zugpaare und sonstige Besonderheiten angeschaut. Was leider immer galt, das war, dass die Reisegeschwindigkeit sehr langsam war. Die Reisezeit auf den 23,8 Kilometern Strecke zwischen Wiesbaden Hbf und Bad Schwalbach betrug meistens eine knappe Stunde. Ab dem Jahr 1934 waren auch mal einzelne Fahrten bergab nach Wiesbaden mit 50 Minuten Fahrzeit drin.
Die kürzeste Fahrzeit fand ich in den Fahrplänen von 1962 und 1976. In diesen Fahrplanperioden benötigten manche Züge nach Wiesbaden sogar nur 39 bzw. 40 Minuten. In umgekehrter Richtung in den Taunus wurde die Strecke bestenfalls in 50 Minuten bewältigt. Bei der Museumsbahn 1991 betrug die Fahrzeit dann wieder eine gemütliche Stunde – egal welche Richtung. Allerdings ja nur noch ab bzw. bis Dotzheim, was eine Kürzung der Strecke von 6 Kilometern ausmacht.
Ab den 1970er-Jahren sieht man dann, wie der Fahrplan merklich ausgedünnt wurde. Verbindungen nach 18:00 Uhr wurden gestrichen. Teilweise wird im Zugfahrplan auf Bahnbus-Linien verwiesen. Samstags herrschte im Jahr 1976 auf dem nördlichen Abschnitt nach Limburg zum Beispiel bereits ab 14:30 Uhr Betriebsruhe auf der Strecke. Sonntags rollte dort gar nichts mehr.
Eine letzte Besonderheit noch!
Vielleicht erinnert ihr euch noch, dass ich in meinem ersten Blogpost über die Aartalbahn geschrieben habe, dass alle Personenzüge auf der Linie immer zum Wiesbadener Hauptbahnhof gefahren sind und die Strecke vom Landesdenkmal zum Bahnhof Wiesbaden Ost nur von Güterzügen befuhren wurde.
Diese Aussage muss ich korrigieren. Ich hab nämlich in den Fahrplänen von 1934 und 1962 spezielle Ausflugszüge entdeckt. Diese verkehrten vom Mainzer Hauptbahnhof ohne Halt zum Bahnhof Wiesbaden-Waldstraße und weiter nach Bad Schwalbach. Nur an Sonntagen und ausgewählten Feiertagen im wärmeren Halbjahr, dafür ohne den Umweg über den Wiesbadener Hauptbahn und ohne Halt am Bahnhof Landesdenkmal, der an der Strecke zum Bahnhof Wiesbaden Ost keinen Bahnsteig besaß.
1934 war es nur ein Zugpaar, nach dem Mittagessen in den Taunus und abends zurück. 1962 waren es hoch nach Bad Schwalbach sogar zwei Verbindungen, zurück allerdings weiterhin nur eine direkte Fahrt. In den Fahrpläne von 1943 und 1950 konnte ich diese Ausflugszüge nicht finden. Ich nehme an, dass der Krieg und seine Nachwehen damit zu tun hatten.
12 Minuten betrug dabei die Fahrzeit vom Bahnhof Waldstraße nach Mainz Hbf. So schnell schafft man das heute nicht mehr, nicht mal mit dem Auto. Naja nachts und mit grüner Welle vielleicht.
In Bad Schwalbach war dann Endstation für mich. Zum einen hatte ich bereits 24 Kilometer in den Knochen und zum anderen fing es gegen 16:00 Uhr sowieso an dunkel zu werden. Zurück nach Wiesbaden brachte mich dann ein Linienbus. Wie euch vielleicht nicht entgangen ist, fahren aktuell nämlich keine Züge mehr auf der Strecke.
Ich hoffe euch hat euch der Artikel über den zweiten Abschnitt der Aaartalbahn gefallen. Bis Diez fehlen jetzt nochmal weitere 30 Kilometer Strecke. Vielleicht schaue ich mir die auch noch an und schreib darüber einen dritten Blogpost. Mal schauen. Wenn euch der Artikel gefallen hat oder ihr weitere Informationen zur Strecke habt, schreibt es mir gerne ins Kommentarfeld ganz am Ende der Seite.
Abschließend nochmal der Hinweis: Was mir bei meinen Fotos ganz wichtig ist: über den Abschnitt der Aartalbahn, an dem ich unterwegs war, fuhr seit vielen Jahren kein Zug mehr. Nur mit diesem Wissen habe ich dort fotografiert. Von einer Nachahmung auf nicht stillgelegten Strecken bzw. auf Strecken mit aktivem Betrieb kann ich nur dringendst abraten! Das Betreten von Gleisen ist zudem auch verboten.
Update im Oktober 2021: der Verein Nassauische Touristikbahn hat angekündigt, dass die Strecke 2022 wieder in Betrieb genommen werden soll. Der lange Dornröschenschlaf soll beendet werden. Aktuell sind schon Bauzüge im Bereich zwischen den Bahnhöfen Wiesbaden Ost und Wiesbaden Dotzheim unterwegs.
Weiterführende Informationen rund um die Strecke
- Aartalbahn (Wikipedia-Artikel)
- Nassauische Touristikbahn e.V.
- Wiesbaden Bahnhof Dotzheim (Wikipedia-Artikel)
- Bahnhof Wiesbaden-Chauseehaus
- Bahnhof Eiserne Hand
- Bahnhof Hahn-Wehen
- Bahnhof Bleidenstadt
- Bahnhof Bad Schwalbach
- Facebook-Gruppe „Du weißt, du kennst Wiesbaden, wenn du früher …“ mit tollen weiteren Infos zur Strecke Strecke
- Lostplace Wunderland mit Infos zur Strecke
- Triebwagen: Limburger Zigarre (Baureihe ETA 176)
Fahrpläne der Aartalbahn
- Jahresfahrplan aus dem Jahr 1905 (KBS 190)
- Jahresfahrplan aus dem Jahr 1934 (KBS 167b)
- Jahresfahrplan aus dem Jahr 1943 (KBS 190c)
- Jahresfahrplan aus dem Jahr 1950 (KBS 190c)
- Jahresfahrplan aus dem Jahr 1962 (KBS 195e)
- Winterfahrplan aus dem Jahr 1974/75 (KBS 548)
- Sommerfahrplan aus dem Jahr 1976 (KBS 548)
- Jahresfahrplan aus dem Jahr 1991/92 (KBS 597)
Gaststätten entlang der Strecke
Informationen zu den Taunusanhöhen
Kartenmaterial rund um die Strecke