In meinem Reiseführer (Stefan Loose Travel Handbücher – Vietnam) habe ich von Mr. Rot und einer ganz besonderen Secret Tour, die er ins Hochland von Dalat zu seinem Stamm der K’Ho unternimmt, gelesen. Die wollte ich unbedingt machen. Natürlich kurzfristig wie alles hier…
Am Tag vorher hatte ich ihn per Mail angeschrieben und ratzfatz war die Buchung bestätigt – 35 Dollar hat der komplette Tag inkl. Mittagessen gekostet. Ist lustig hier in Nam: man verhandelt bzw. bekommt die Preise meist in Dollar genannt und dann wird’s umgerechnet und man bezahlt in Dong. Pickup-Service am Morgen gegen 8 Uhr in meinem Hotel, dann haben wir am Hostel von Mr. Rot die restlichen Teilnehmer eingesammelt und es konnte losgehen. Bunt gemischte Truppe: zwei Mädels aus der Schweiz, ein Amerikaner, zwei Argentinierinnen – aber nicht die von gestern, ein Israeli, ein Ami, der Cousin von Mr. Rot, unser gemütlicher Fahrer und ich. So ging es dann in einem echten Mercedes-Bus – es gibt auch ganz viele, die einfach nur Mercedes-Sterne aufkleben, raus ins Hinterland. Nach all den verrückten Busfahrer tat unser gemütlicher Schnarchbusfahrer auch mal ganz gut. Er hupte auch den ganzen Tag über nur vier oder fünfmal! Das muss man in Vietnam auch erstmal schaffen. Erster Stopp war auf einem echt kleinen und tourifreiem Markt. Hier erklärte uns Mr. Rot wie der Einkauf in Vietnam abläuft. Alles muss jeden Tag frisch besorgt werden. In den Kühlschrank kommen quasi nur die Getränke. Essen wird morgens frisch gekauft und dann bis abends verzehrt. In den Kühlschrank soll das nicht. Lieber kauft man am nächsten Tag frische Produkte. Dann erklärte er uns den Totenkult, der in Vietnam betrieben wird. Jährlich wird am Todestag an die verstorbenen Ahnen gedacht und damit es ihnen auch im Jenseits an nichts fehlt, werden iPhones, Autos, Anzüge, Kleider, Waschmaschinen, Rasierapparate, Uhren, Herdplatten und alle andere nur erdenkliche bunt aus Pappe gefertigte Produkte gekauft und verbrannt. Auf dem Markt gab’s auch frisches Fleisch. Und mit frisch meine ich, dass man dabei zuschauen konnte, wie das Huhn geköpft wird. Leider lag aber auch hier genau wie in Saigon hier wieder Fleisch von Kühen, Schweinen und Co ungekühlt in der Hitze. Hat mich dann nochmal bestätigt mich in Vietnam ausschließlich vegetarisch zu ernähren. Nächste Station war dann die einzige nicht so geheime auf der Tour. Wir fuhren zu den Elefant-Wasserfällen und kletterten sogar unter sie. Europäischen Sicherheitsstandards griffen auf den Pfaden da runter natürlich keine. Bisschen feuchte und rutschige Angelegenheit, aber sowohl meine Canon 70D als auch mein iPhone haben es unbeschadet überstanden. Was tut man nicht alles für ein paar gute Aufnahmen. Sowohl auf Speicherchip als auch im Kopf.. ? Über kleinste Sträßchen ging es durch endlose Kaffeeplantagen zum Haus von Mr. Rot, hier hatte jemand für uns gekocht. Und das erste Mal gab es beim Essen nur Stäbchen – weil ich mir die Blöße nicht geben wollte nach einer Gabel oder Löffel zu fragen, hab ich die Nudel-Gemüse-Suppe auch mit Stäbchen verschlürft. Bin sogar satt geworden… Am Nachmittag ging es dann zu Fuß ins Dorf der K’Ho. Ursprünglich stammt Mr. Rot auch von diesem Volk ab und spricht daher als einziger Tourguide in Dalat ihre Sprache. Als er noch ein Kind war, wurde er adoptiert und wuchs so bei seinen Adoptiveltern in der Stadt auf. Und so spricht er heute neben der Sprache der K’Ho und Vietnamesisch auch perfektes Englisch.https://youtu.be/Mban6ggOqAU
Wie er uns von seinem Glück sprach, als einer der ganz wenigen seines Volkes, den Sprung in die Stadt und ins Geschäftsleben dort geschafft zu haben, war sehr eindringlich – da wurde es auch in unserer Blödelrunde auf einmal Mucksmäuschenstill. Die „Village People“ wie er sie nannte, leben noch immer sehr zurück gezogen und abgeschieden. Das Verhältnis zwischen Staat und Der ethnischen Minderheiten war nicht immer das beste, aber nun bekommen sie vom Staat wenigstens kostenlose Schulen gebaut und müssen für ihr bisschen Strom nichts bezahlen. Und natürlich sorgt auch er für sein Dorf, besorgt Medizin für Kranke und hilft bei allem. Wie mir scheint, ein sehr anständiger, ständig zu Scherzen aufgelegter und liebenswerter Kerl.
Nach den Erzählungen kam nun der wahre „Secret“ Part der Tour. Aus Respekt haben wir hier alle auf Fotos verzichten müssen, dafür bekamen wie aber einen unbeschreiblichen Einblick in das Leben der Bewohner. Nach langer Diskussion, in sehr sehr lauter Sprache, durften wir uns dann ein Haus von Innen anschauen. Die laute Sprache sollte uns aber keine Angst machen, die Bewohner seinen nicht wütend, nur misstrauisch waren sie anfangs. Aber schon kurze Zeit später kamen immer mehr Frauen aus dem Dorf zusammen gelaufen und wir bekamen zu sehen, wovon hier gelebt wird, was gegessen und gekocht wird und so weiter. Männer waren keine da, die waren alle auf dem Feld arbeiten. Nach rund zwei Stunden bei den Frauen ging es dann wieder zum Auto und mit kurzem Zwischenstopp in einer Baumwollverarbeitungsfabrik schließlich zurück nach Dalat. Und auch wenn bei den Frauen zwar immer wieder mal Touris vorbei kommen – Mr. Rot wechselt die Dörfer nämlich ständig – ein wirklich sehr beeindruckender Tag! Und weil unsere Reisetruppe so nett war, verabredeten wir uns für abends gleich noch auf ein Bier in einer wirklich verrückten Bar. ?
2 Kommentare
Sehr schöner Bericht. Ich habe die Tour auch gemacht und war ähnlich begeistert.
In der Fabrik wird allerdings Seide hergestellt – nicht Baumwolle 🙂 Baumwolle haben die bei uns im Minority Village hergestellt und wir konnten ein großes Stück Stoff kaufen.
Die secret Tour ist ein MUST in Dalat. Durch Zufall haben wir davon erfahren, aber wenn man Mr. Rot zuhört und seine Aussagen zu Vietnams Bräuchen und Lebensweisen hört, dann ist man schon fast verliebt in dieses Land. Er spricht hervorragend englisch und egal ob er vom Markt, von der Seidenfarm, voen den Kulturen, oder von den Kaffeeplantagen, von Sprachfeinheiten und Körpersprache spricht oder zeigt: immer ist ein positives Bild im Mittelpunkt.
Es war eine der an besten geführten Touren die ich je erlebt habe.