Wenn es einen Bahngott gibt, dann muss er mich ziemlich gern haben. Im relativ gut besetzten Nachtzug von Turku nach Kemi hatte ich nur die Hälfte eines Zweier-Abteils gebucht. Glücklicherweise gehörte es aber trotzdem die komplette Fahrt mir allein. Oropax umsonst mitgeschleppt würd ich mal sagen.
Am Sonntagabend fuhr ich über Nacht 780 Kilometer von Turku ganz im Süden Finnlands immer nordwärts bis nach Kemi am Polarkreis. Um es gleich mal vorweg zu nehmen. Mein kleines Reich im Nachtzug der Finnischen Eisenbahn (abgekürzt VR) war perfekt ausgestattet. Sogar ein eigenes WC und Dusche hatte ich. Und geschlafen habe ich auch bestens. Das Bett ist auch für große Leute gut geeignet. Die Länge dürfte 2,00 Meter betragen haben.
Abfahrt in Turku war bereits um 21:15 Uhr, ab 20:55 Uhr stand der Zug am Gleis bereit zum Einsteigen. Dank der frühen Abfahrtszeit hatte ich noch Gelegenheit ein bisschen was zu essen im Zug. Das Bordrestaurant war leider erst ab Tampere angehängt, aber ich hatte ja Brötchen und Käse als Proviant gekauft. Meine Ankunft in Kemi war um 9:36 Uhr. Zumindest laut Plan. Aber mein Zug war wieder mal 4 Minuten zu früh am Ziel.
Insgesamt dauert die Zugfahrt rund 12 Stunden. Eine perfekte Fahrzeit für Urlauber würde ich mal sagen. Von den 12 Stunden stand der Zug etwa zwei im Bahnhof von Tampere, wo die Wagen des Zuges neu zusammengestellt wurden. Aber als Schlafzugreisender stört einen sowas ja nicht. Zumal ganz sanft gekuppelt wurde, hab ich die Zeit ohnehin verschlafen.
Das Abteil lässt sich genau nach seinen Wünschen temperieren. An jedem Bett gab es außerdem noch eine Leselampe. Wasserflasche und Handtücher stellte die Finnische Bahn ebenfalls zur Verfügung.
Wer lieber auf Nummer sicher gehen will, kann für rund 100 Euro übrigens auch das komplette Abteil für sich buchen. Dann muss man sich nicht auf den Bahngott verlassen.
Das Frühstück ans Bett bringt einem bei der VR leider keiner. Aber dafür kann man, wenn man will, ins Bordrestaurant gehen und dort was essen. Das hab ich jetzt allerdings nicht gemacht. Ich hatte ja noch Brötchen vom Abend davor.
Duschen konnte man in seinem kleinen Reich, indem man in der Toilette die hintere Wandverkleidung Richtung Toilette schwenkte. Fertig war die Dusche. Ich stand abends drunter und hatte mich gerade eingeseift, da ging das Wasser aus. Bin kurz erschrocken, aber man musste den Hahn einfach ein weiteres Mal antippen, dann kam wieder 30 Sekunden Wasser. Wohl eine Vorsichtsmaßnahme damit man nicht stundenlang duscht.
Im Nachtzug der Finnischen Eisenbahn gab es selbstverständlich auch wieder ein schnelles WLAN-Netz. Über Nacht hat mein Laptop ein vollständiges Bilderbackup in die Dropbox hochgeladen. Mit drei Steckdosen je Abteil konnten auch alle Gadgets bequem geladen werden über Nacht.
Wahrscheinlich fragt ihr euch jetzt schon die ganze Zeit, was die kleine Luxussuite gekostet hat. Kann ich euch verraten. Sie war überhaupt nicht teuer. 49 Euro das Bett – eigentlich mit Zweierbelegung im Abteil und 5 Euro Aufpreis für die Dusche. Macht zusammen also 54 Euro.
Das Ticket habe ich ganz einfach online bei der Finnischen Eisenbahn gebucht. Der Sparpreis beinhaltet kein Interrail-Rabatt, dafür eine herkömmliche Zugbindung. Den Interrail-Bettenaufpreis von 36 Euro konnte ich online nämlich nicht buchen. Und die Dame am Schalter der Deutschen Bahn in Wiesbaden meinte, dass der Zug ausverkauft sei. Sie könne leider kein Ticket buchen.
Wenige Minuten nach ihrer Aussage, hab ich das Sparpreis-Ticket dann online für ein bisschen mehr Geld gebucht. Es waren noch viele Betten auswählbar. Weiß auch nicht, wieso das am DB-Schalter nicht klappen wollte. Für mein Bett in der Norwegischen Bahn hingegen hat es funktioniert.
In der Onlinemaske der VR war einer der vier Schlafwagen vorausgewählt. Diesen hab ich aber nicht genommen. Ich nahm den, der am weitesten weg war von der Standardauswahl. Hatte ich doch darauf spekuliert, dass das Reservierungssystem ein dummes ist und erstmal einen Wagen nach dem anderen voll macht und ich mein Abteil so mit niemanden teilen muss. Hat ja dann auch geklappt.
Also wenn ihr mal in Finnland seid, eine Fahrt mit dem Nachtzug Richtung Norden kann ich jedem nur empfehlen! Bequemer und stilvoller über Nacht reisen kann man nicht.
Ganz im Gegenteil dazu Deutschland. Die Deutsche Bahn führt die letzten Jahre nach Abschaffung ihrer eigenen Nachtzüge immer mehr Nacht-ICEs ein. Aber das sind rollende Jugendherbergen. Noch dazu ohne Bett und bei voller Beleuchtung. Grauenhaft! Die Nightjets der ÖBB sind hier natürlich ausdrücklich ausgenommen. Damit reist man auch sehr toll. Zum Beispiel von Mainz nach Wien.
In Kemi blieb ich nicht lange, nach rund 20 Minuten Umsteigezeit traf mein Bus Richtung Schweden ein. Auf der Route nach Luleå gibt es nämlich eine Lücke im Eisenbahnpersonenverkehr. Mehr zur Busverbindung und meinem Hotel-Malheur im nächsten Blogpost.
Nützliche Links:
- VR – Finnische Eisenbahn (Fahrplan und Onlinebuchung)
- Informationen zum Nachtzug der Finnischen Eisenbahn
- Meine Route bei GoogleMaps
Statistik der Tour Baltica | Nachtzug Turku – Kemi | Gesamte Tour: |
Kilometer: | 770 Kilometer | 5354 Kilometer |
Im Zug* verbrachte Zeit: | 12 Stunden 20 Minuten | 75 Stunden 45 Minuten |
Gesammelte Verspätung: | -4 Minuten | -38 Minuten |
Anzahl der Züge: | 1 | 20 |
Anzahl der Busse: | 0 | 4 |
Anzahl der Schiffe: | 0 | 1 |
Anzahl der Speisewagenbesuche: | 0 | 2,5 |
Fahrpreis: | 54 €* | 277,23 € |
* Mit Bett im Zweier-Abteil inkl. eigener Dusche und eigenem WC
Ein Kommentar
Hallo Marco,
ich kann dir nur beipflichten: Der Nachtzug in Finnland gehört zu den besten in Europa. In kaum einem Schlafwagen habe ich je so gut geschlafen wie in dem mit der Eule. Erst letztens konnte ich mich auf der Fahrt nach Kemijärvi wieder davon überzeugen. 🙂
Viele Grüße,
Sebastian