Nachdem das Hotelproblem in Luleå behoben war und ich dort noch einen ruhigen Nachmittag hatte, konnte es am darauffolgenden Tag planmäßig mit der Schwedischen Eisenbahn weitergehen. Die Strecke der Erzbahn führte mich über Boden und Kiruna hinauf bis nach Riksgränse. Der Ort ist der letzte vor der Reichsgrenze zu Norwegen. Ab dort geht es auf nur 42 Kilometern Strecke rund 520 Höhenmeter bergab!
Doch der Reihe nach. Los ging meine Fahrt am späten Morgen um 10:40 Uhr. Ohne umsteigen konnte ich mit dem InterCity der Schwedischen Bahn bis ans Ziel durchfahren. Die Fahrt nach Narvik dauerte rund 6,5 Stunden. Also nicht besonders lange… 😉
Da es im Zug diesmal nur Steckdosen, aber kein WLAN gab, setzte ich beim Bloggen mit dem Laptop auf meinen iPhone-Hotspot. Bis auf 2-3 kleine Funklöcher, hatte ich wirklich durchgehend LTE- oder zumindest 3G-Empfang. Da ist man in der S-Bahn zwischen Wiesbaden und Frankfurt häufiger offline. Nur dass man mit der S-Bahn durch einen deutschen Ballungsraum fährt und auf der Erzbahn zu großen Teilen durch menschenleeres und unbesiedeltes Gebiet.
Seit ich die polnische Grenze passiert hab, gab es eigentlich keine Empfangsprobleme mehr. Alle bekommen das besser hin als unsere Mobilfunkprovider! Es ist echt unglaublich, wie schlecht Mobilfunk in Deutschland im Gegensatz zur restlichen Welt ausgebaut ist. Mit Ausnahme vielleicht von Kuba und Nordkorea.
Ich schweife ab. Zurück zur Fahrt. Der InterCity bestand nur aus drei Wagen. Ein normaler Wagen, ein Wagen mit Bordbistro und nochmals ein normaler Wagen. Als wir in Luleå los fuhren, waren gerade mal vier Fahrgäste an Bord. Auf die kamen drei Bahnangestellte. Der Lokführer, die Dame im Bistro und der Zugchef. Das änderte sich aber nach etwa einer halben Stunde Fahrzeit in Boden. Hier bestand eine Umstiegsmöglichkeit vom Nachtzug aus Göteborg, Stockholm und Uppsala, die auch von vielen genutzt wurde.
Als ich das so gesehen habe, da ärgerte ich mich ein bisschen über meine Planung. Warum bin ich von Luleå am Nachmittag des Vortags nicht weiter gefahren bis Uppsala. Dann hätte ich auch in den Nachtzug zusteigen können. Außerdem hätte ich „Im-Zug-und-Bus-Zeit“ auf rund 40 Stunden innerhalb von zwei Tagen aufstocken können. 😀
Nun gut, nächstes Mal vielleicht. Vielleicht komme ich ja nochmal im Winter wieder. Gegen 13 Uhr habe ich dann mal geschaut, was das kleine Bordbistro so zu bieten hat. Es gab nur zwei Gerichte. Aber eins davon war Lasagne. Da schlug ich zu. Eine große Portion für 7,60 Euro. Für Skandinavien und im Zug quasi ein Schnäppchen! Sie schmeckte auch viel besser, als mein Foto vermuten lässt!
In der Eisenerzstadt Kiruna stieg dann nochmals eine ganze Ladung Touristen zu. Dort gibt es nämlich neben den Erzabbaugebieten auch noch einen kleinen Flughafen. Die meisten der schwer bepackten Wanderer waren auf dem Weg zum Kungsleden. Dies ist ein ganz bekannter Wanderweg mit Etappen über 4-5 Tage durch einen Nationalpark an der schwedisch-norwegischen Grenze.
Die Talfahrt hinab nach Narvik
Die Strecke wurde ab Kiruna immer interessanter. Anfangs fuhren wir noch stundenlang durch eintönige schwedische Wälder, die sich bestens zum Bloggen und ab und zu mal rausgucken eigneten. Aber dann kam der Abschnitt am Vassijaure-See entlang und die Talfahrt vom kaledonischen Gebirgszug an steilen Hängen entlang hinab in den Ofotfjord und ich kam überhaupt nicht mehr nach mit fotografieren!
Die Passage mit ihren 520 Höhenmetern auf 40 Kilometern erinnerte mich total an die Strecke durch Montenegro, die ich letztes Jahr im Sommer fuhr. Beide gehören auf jeden Fall zu den schönsten Eisenbahnstrecken, die ich je gefahren bin. Und weil der Wettergott es gut mit mir meinte, kam kurz vor der Grenze sogar nochmal die Sonne raus und erhellte einige Bergrücken.
Da war es kein Wunder, dass es mir irgendwann egal war, dass es draußen nur 14 Grad hatte. Das Fenster wollte unbedingt aufgemacht und die Kamera ein paar Zentimeter rausgestreckt werden. Die anderen Fahrgäste um mich rum waren zum Glück hart im Nehmen. Es beschwerte sich nämlich keiner, dass es zu kalt sei… 😉
Wie der Name der Strecke schon vermuten lässt, verdankt sie ihre Existenz den Erzvorkommen rund um Kiruna. In den Anfangsjahren kurz vor 1900 wurden das Eisenerz noch Richtung Luleå abtransportiert. Aber dort friert der Hafen im Winter zu. Also musste eine andere Lösung her. Diese wurde in Narvik gefunden, denn der Hafen dort ist dank des warmen Golfstroms ganzjährig eisfrei.
Personenzüge fahren auf der Strecke nur sehr wenige am Tag. Aber Güterzüge, die rollen Tag und Nacht. Bis zu 750 Meter lang können diese Ungetüme werden. Ein Zug mit 52 Wagen, die leer 20 Tonnen wiegen und mit 80 Tonnen Erz beladen werden können, wiegt also schon mal rund 5200 Tonnen! Wenn da die Bremsen mal versagen. Haben sie bisher aber wohl zum Glück nie. Informationen zu einem größeren Unfall konnte ich nicht finden.
Der viele Verkehr auf der eingleisigen Strecke mit ihren wenigen Ausweichstellen verzögerte nur ein klein bisschen unsere Fahrt im InterCity. Narvik erreichten wir daher nur mit knapp 10 Minuten Verspätung. Aber bei dem Ausblick der letzten zwei Stunden waren die verschmerzbar!
Den Abend in Narvik nutze ich noch ein wenig um mir bei leichtem Nieselregen die Füße zu vertreten. Dabei war ich im Hafen und habe von einer Brücke über den Güterbahnhof ein bisschen beim Rangieren und Entladen der Güterzüge zugeschaut.
Untergekommen war ich im Astrupgården-Apartment. Das war eine Art Hostel, aber netter als in Helsinki. Jeder Stock hatte nur drei Zimmer, die sich ein Bad sowie Küche und Aufenthaltsraum teilten. Hier kam ich ein bisschen mit zwei Französinnen ins Gespräch, die gerade von den Lofoten wiederkehrten. Da das mein nächstes Etappenziel sein sollte, tauschten wir ein paar Tipps darüber aus.
Auf die Lofoten führt leider keine Eisenbahn, denn die Strecke endet in Narvik. Übrigens der nördlichste Bahnhof mit Personenverkehr und Normalspur! In Russland und Finnland gibt es noch ein paar mit Breitspur, die noch nördlicher liegen. Mehr zur Fahrt im Lofoten-Express dann im nächsten Blogpost.
Wer wissen will, wie es sich anfühlt und aussieht, wenn man die Strecke im Winter fährt, der kann ja mal bei winterrail.de vorbeischauen.
Nützliche Links:
- Schwedische Eisenbahn (Onlinefahrplan und Sitzplatzreservierungen)
- Erzbahn bei Wikipedia
- Ältere Eisenbahnromantikfolge über die Erzbahn im Winter
- Informationen zum Wanderweg „Kungsleden“
- Astrupgården Room & Apartments – meine Unterkunft in Narvik
- Meine Route bei GoogleMaps
Statistik der Tour Baltica | Luleå – Narvik | Gesamte Tour: |
Kilometer: | 474 Kilometer | 5989 Kilometer |
Im Zug und Bus verbrachte Zeit: | 6 Stunden 50 Minuten | 85 Stunden 55 Minuten |
Gesammelte Verspätung: | 10 Minuten | -31 Minuten |
Anzahl der Züge: | 1 | 21 |
Anzahl der Busse: | 2 | 6 |
Anzahl der Schiffe: | 0 | 1 |
Anzahl der Speisewagenbesuche: | 1 | 3,5 |
Fahrpreis: | 32,40 €* + 4,50 € ** | 346,53 € |
* Interrail-Ticket (anteilig)
** Sitzplatzrevierung der Schwedischen Eisenbahn
(Online hieß es, diese sei verpflichtend. Sehen wollte sie aber keiner. Und einen Platz hätte ich auch gut ohne gefunden.)