Zwei Dinge an der Überschrift sind vielleicht etwas missverständlich. Erstens handelt es sich beim Lofoten-Express um keinen Zug, sondern nur einen Bus. Und zweites ist die Verbindung alles andere als eine Expressverbindung. Warum es trotzdem wert ist, mit der Linie 300 von Narvik Richtung Å auf den Lofoten rauszufahren, will ich euch in diesem Blogpost zeigen. Und ja, der Ortsnamen besteht wirklich nur aus einem Buchstaben.
Zunächst einmal sei aber dringend empfohlen, vor der Reiseplanung den Fahrplan zu studieren. Die vollen 390 Kilometer zwischen Å und Narvik fährt der Lofoten-Express nämlich nur zweimal am Tag. Für die Verbindung, die stets der Europastraße 10 folgt, benötigt der Expressbus auch nur schlappe 7,5 bis knappe 8 Stunden. Also besser auch etwas Reiseproviant kaufen.
Aber übertreibt es nicht mit dem Trinken. Mein Bus hatte nämlich keine Toilette. Der Busfahrer kündigte gleich nach dem Start in Narvik an, dass es nur um 11:00 und um 13:40 Uhr bei längeren Zwischenaufenthalten Toiletten an den Busstationen geben werde. Wer ganz dringend müsse, der soll vorkommen. Dann hält er irgendwo auf freier Flur. Diese Durchsage kommentierte er abschließend mit einem süffisanten „That’s the way how it is!“
Exakt 252 Bushaltestellen gibt es entlang der kompletten Strecke. Aber ich bin nicht die komplette Strecke mitgefahren. Mein Ziel war nicht Å, sondern Reine. Das sind ab Narvik nur rund 380 Kilometer Strecke. Laut Onlinefahrplan 238 Bushaltestellen und auch gerade einmal 7 Stunden und 15 Minuten Fahrzeit. Aufgrund der Länge der Strecke könnte man von einem Fernbus sprechen. Da er aber potenziell eher an jeder Milchkanne hält, würde ich die Verbindung eher als XXL-Linienbus bezeichnen.
Dass die Fahrt so spektakulär ist, liegt natürlich an der Landschaft der Lofoten. Wer sie nicht kennt: das ist eine Inselgruppe in Nordnorwegen. Auf ihr gibt es eine durchgängige Straßenverbindung über Brücken und Tunnel unter dem Meer hindurch bis ans westliche Ende. Das gesamte Gebiet zusammen hat etwa 24.000 Einwohner. Die größte „Stadt“ auf den Inseln ist Svolvær mit 4000 Einwohnern. Im Örtchen Å leben gerade einmal 100 Menschen.
Los ging meine Fahrt morgens um 9:40 Uhr am Busbahnhof in Narvik. Für das bestehende Verkehrsaufkommen ist die Station ein bisschen groß geraten, aber so war der richtige Bus wenigstens schnell zu finden. Etwas schwieriger gestaltete sich hingegen die Suche nach dem Busbahnhof selbst. Dazu muss man durch das Einkaufszentrum mit dem SPAR-Markt. In diesem einfach alle Rolltreppen nach unten fahren, dann kommt man schon irgendwann am Busbahnhof raus. Ausgeschildert ist er aber nicht.
Die Fahrt kostet 431 Kronen, umgerechnet sind das etwa 43 Euro. Der Wechselkurs in Norwegen ist praktischerweise leicht im Kopf umrechenbar. Einfach die letzte Ziffer wegstreichen. Fertig. Bezahlt wird direkt beim Busfahrer. Kreditkarten werden selbstverständlich angenommen, aber auch die Zahlung mit Bargeld ist möglich. Davon haben auf meiner kompletten Fahrt aber gerade einmal zwei Personen Gebrauch gemacht. Die restlichen 99% haben cashless bezahlt.
Der Bus war anfangs etwa zu einem Viertel besetzt. Ungefähr 20 Minuten vor der Abfahrtszeit stand er am Busbahnhof bereit. Wenn ihr früh dran seid, dann könnt ihr euch wie ich den begehrten Platz in der Reihe direkt hinter dem Busfahrer sichern. Dort hat man den besten Blick auf die Strecke. Außerdem ist die Fahrt sehr kurvenreich. Vielleicht wird es euch vorne weniger schlecht als ganz hinten.
In einer Hinsicht war unser Bus dann zumindest bis zum Fahrerwechsel nach etwa vier Stunden in Svolvær ein Expressbus. Der Fahrer war ziemlich rasant unterwegs. Mit 75 Kilometer pro Stunde ging es in die leichteren Kurven rein, mit 85 wieder raus. Der kannte die Strecke und seinen Scania-Bus wie aus dem FF. Ein bisschen erinnerte mich die Fahrt an eine Busfahrt über einen Pass in Vietnam.
Wohnwagen und Wohnmobile, die mit 70 km/h vor uns getrödelt haben, hat er kurzerhand überholt. Der zweite Fahrer hatte es dann nicht mehr ganz so eilig. Außerdem wurde weiter draußen die Straße auch immer schmaler.
Die Landschaft wechselte die ganze Fahrt immer wieder. Mal säumten die Straße sanfte grüne Hügel. Kurze Zeit später, fand man sich neben einer 200-300 Meter hohen schwarzen Felsenwand wieder. Was uns aber fast immer begleitete, war das Wasser. Mal mussten wir einen die Insel einschneidenden Fjord umfahren, mal ging es von einer Insel zur nächsten über 30-40 Meter hohe Brücken. Zweimal fuhren wir sogar in Tunnel unter dem Meer hindurch.
Wie schon erwähnt, ist die Straße raus bis nach Å als E10 ausgeschildert. Diese Europastraße ist insgesamt 880 Kilometer lang und endet auf der östlichen Seite in Luleå. Im Prinzip bin ich ihr also komplett gefolgt, nur dass ich die ersten 500 Kilometer bis Narvik mit der Bahn parallel zur E10 gefahren bin.
Für Fahrradfahrer ist auf den Lofoten ebenfalls eine Route ausgeschildert. Der Eurovelo 1 führt von Portugal in die Bretagne. Rüber nach Großbritannien und Irland immer der Westküste entlang bis nach Schottland. Dann folgt eine weitere Schiffspassage, bevor der Radweg von Bergen vollends bis ans Nordkap führt und dabei auch die Inselgruppe passiert.
Landschaftlich sicher wunderschön. Aber es gibt etliche Passagen, da verläuft der Radweg direkt auf der Europastraße und auf dieser fährt es sich überhaupt nicht entspannt. Ständig wird man auf engen Straßen viel zu knapp von Bussen, LKWs und Wohnmobilen überholt.
Separate Radspuren habe ich da keine gesehen. Außerdem muss man auch durch einige Tunnel. Darunter einen der beiden Unterseetunnel. Dieser hat ein ganz schönes Gefälle in sich, führt der Tunnel doch rund 25 Meter unter der Wasseroberfläche hindurch.
Besetzt war unser Bus recht bunt gemischt. Waren es anfangs noch vornehmlich Touristen mit Rucksack, stiegen weiter draußen immer mehr Anwohner zu. Ab Leknes wurde unser Fernlinienbus dann vorübergehend sogar kurz zum Schulbus. Das war etwas nervig, denn nun hielten wir noch ein wenig häufiger und fuhren auch einige Stichstraßen zu abgelegenen Höfen an, um die Schulkinder direkt an der Haustür abzusetzen.
Durch die Umwege verloren wir wohl auch paar Minuten Fahrzeit, sodass der Bus schließlich rund 10 Minuten zu spät in Reine ankam. Schlimm fand ich das nicht, die paar Minuten machten den Bock nach über sieben Stunden Fahrt auch nicht mehr fett!
Nach schnellem Self-Checkin mit Türcode, musste ich mir dann unbedingt noch ein bisschen die Beine vertreten. Die Umgebung hier ist ziemlich atemberaubend. Man vergisst draußen auch vollkommen die Zeit. Zumindest, wenn es nicht gerade in Strömen regnet. Untergekommen bin ich in Reine im „Lofoten Bed and Breakfast“ – ist nett hier. Kann ich nur empfehlen. Aber mehr dazu dann im nächsten Blogpost.
Nützliche Links:
- 177nordland.no – Informationen zum Busfahrplan des Lofoten-Express
- Informationen zum EuroVelo 1
- Meine Unterkunft in Reine
- Informationen zum Fahrplan der Fähre von Moskenes nach Bodø
Statistik der Tour Baltica | Narvik – Reine | Gesamte Tour: |
Kilometer: | 379 Kilometer | 6368 Kilometer |
Im Zug und Bus verbrachte Zeit: | 7 Stunden 20 Minuten* | 93 Stunden 15 Minuten |
Gesammelte Verspätung: | 10 Minuten | -21 Minuten |
Anzahl der Züge: | 0 | 21 |
Anzahl der Busse: | 1 | 7 |
Anzahl der Schiffe: | 0 | 0 |
Anzahl der Speisewagenbesuche: | 0 | 3,5 |
Fahrpreis: | 43,00 € | 389,53 € |
* Diese Etappe im Bus.
6 Kommentare
Hallo,
danke für diesen schönen Bericht. Bisher hat es mich eher Richtung Äquator gezogen. Aber die Lofoten stehen auch schon auf meiner Reiseliste. Sie auf diese Weise einmal zu durchqueren hört sich gar nicht schlecht an. 🙂 Wenn man ein paar Tage Zeit hat, kann man sich die Strecke in Etappen aufteilen und die Umgebung noch etwas erkunden.
Viele Grüße
Susanne aka Wortgestalten
Hey Susanne,
vielen Dank für die netten Worte. Wenn du die Etappe aufteilen willst, dann empfehlt sich vielleicht die Travel Pass der Busgesellschaft. Kostet 99 Euro und gilt eine Woche.
Infos dazu hier: https://www.travelpassnordland.com/travel-pass-nordland-english/
Liebe Grüße
Marco
Hallo Marco,
oh, klasse. Danke für die Info. 🙂 Gut zu wissen.
Liebe Grüße
Susanne aka Wortgestalten
Das schaut ja echt nach einem Traumziel aus.
Danke fürs Teilen!
Schöner Reisebericht. Gute Antidote zu, Weltgeschehen gerade.
Dankeeee 👍🏻
Vielleicht bekomme ich sogar irgendwann noch hin den Rest zu Sizilien, diese eine Reise nach Spanien und den Kurzurlaub nach Tschechien zu verbloggen. 😎