Auf Reise 14. Februar 2012

Mein Rückblick auf die Grüne Woche: Wenn einer ein Spielchen mit dir spielt…

Weinverkostigung, Achtung nur ein Symbolbild ;-) (© flickr.com/slack12)

Es hat ein bisschen gedauert, aber jetzt zwei Wochen später komm ich doch noch dazu über die Grüne Woche zu bloggen.

Zunächst ein paar einleitende Worte: es war meine erste Grüne Woche und ich kannte die Messe bisher nur aus kurzen TV-Ausschnitten, wenn die Landwirtschafts- & Verbraucherministerin am Eröffnungstag hindurch läuft und überall probieren darf. Es war wohl ziemlich naiv von mir zu glauben, dass ich das genauso machen könnte. Überall gab’s nämlich kleine Preisschilder, jeder Probierhappen sollte einen Euro kosten, wenn noch ein Schnaps dabei war, dann warens schon 2,50 Euro oder 3 Euro. Alles in allem etwas enttäuschend, aber ich hatte trotzdem meinen Spaß dort.

Überblick über die Grüne Woche. (Fotocredit: flickr.com/Landbruks)

Überblick über die Grüne Woche. (Fotocredit: flickr.com/Landbruks)

Darüber will ich jetzt aber gar nicht bloggen, mir geht es um einen einzigen Aussteller. Dieser war in drei verschiedenen Hallen mit insgesamt vier Ständen vertreten. Das Geschäftsmodell:  möglichst viele Weinabos und Abos über Vitalsäfte an den Mann zu bringen, Literpreis für die Säfte: 8 Euro aufwärts. An dem Stand hatte ich meinen Spaß!

Trick Nr. 1 – der Köder:

Gearbeitet wurde mit einem simplen Trick und ich ärger mich auch zwei Wochen später noch, dass ich auf etwa derart Dummes reinfallen konnte. Rings um den Stand standen Vertreter mit großen grünen Kärtchen. Alle vorbeilaufenden Messebesucher wurden gefragt, ob sie nicht ein Kärtchen ziehen möchten. Dummerweise hab ich nicht abgelehnt, sondern mich für die mittlere Karte entschieden. Juhu, ich hatte eine Weinverköstigung „gewonnen“. Der Vertreter fügte aber gleich hinzu, dass ich auch die Säfte probieren könne. Zack hatte die Falle zugeschnappt. Ich saß an seinem Tischchen und er baute um mich rum die Gläser und Flaschen auf.

Als er dann auf mich einquasselte, mag es 30-40 Sekunden gedauert haben, bis ich endlich kapierte, was er eigentlich will. Die Wörter „bestellen“ und „Abo“ hat er aber tunlichst vermieden. Ich hab dann erst einmal die drei Sorten Vitalsaft probiert, die er mir hingestellt hatte. Nachdem ich nicht ganz abgeneigt war, kramte er rasch seine Mappe mit den Bestellformularen raus, er witterte ein schnelles Geschäft. Ärgerlicherweise hab ich natürlich nicht sofort unterschrieben. Er kam mir mit dem Preis entgegen und packte noch ein paar Gratisflaschen oben drauf. Die Unterschrift hab ich aber immer noch nicht geleistet, er begann aber trotzdem schon einmal das Formular auszufüllen und die drei probierten Sorten anzukreuzen.

Trick Nr. 2 – den Chef hinzuziehen:

Er versuchte es mit dem nächsten Trick und  bat seinen vermeintlichen Chef zu uns an den Tisch. Es wurde ein wenig „böser Vertreter – guter Vertreter“ gespielt und er legte sich mächtig ins Zeug für mich. Er konnte nun nochmal 2 Flaschen als Gratisbeigabe „aus handeln“. Mehr ginge nun wirklich nicht mehr. Außerdem hätte ich das Komplettangebot jetzt erst am 31. Mai bezahlen müssen. Man war sich der Sache recht sicher, jetzt muss es doch klappen. Denkste!

Mein eigenes Spielchen…

Ich, doch nicht ganz so doof, wie ich vielleicht die ersten 30 Sekunden gewirkt hab, hab jetzt nämlich mein eigenes Spielchen mit den beiden Möchtegern-RTLshop-Verkäufern gespielt. Im Prospekt hatte ich gesehen, dass es noch mindestens fünf andere Sorten gab. War doch klar, dass ich die jetzt auch noch probieren wollte. Etwas widerwillig zog er los und brachte nochmals vier frische Gläser und vier neue Flaschen daher. Ich hab weiterprobiert und er hat weiter auf Smalltalk gesetzt. Meiner Oma solle ich doch auch einmal eine Flasche schenken, die würd sich freuen. Ganz kurz hab ich überlegt, ob ich ihm reinwürgen soll, dass beide Omas tot seien, aber das brachte ich dann doch nicht übers Herz. Schließlich leben beide noch. Vertreter Nr. 2 trollte sich indessen in den hinteren Standbereich, das Gespräch sollte wieder ein Vier-Augen-Gespräch werden.

Währenddessen hab ich mein Handy ausgepackt, um zu kontrollieren, was sich die letzte Stunde auf Facebook und Twitter getan hat. Ich hätte gern gewusst, wie er sich wohl gefühlt hat, nachdem ich schon sieben oder acht Sorten Saft probiert hatte, immer noch nicht unterschreiben wollte und dann auch noch anfing geistesabwesend auf dem Handy rumzuspielen? Etwas unsanft riss er mich dann aus meinem „Tagtraum“ und pochte weiter auf den Vertragsabschluss. Man hätte das fast schon als Nötigung bezeichnen können, da hat’s mir dann gereicht. Zuvor hab ich über jeden Saft positiv geurteilt, aber zu dem Zeitpunkt hab ich dann zum ersten Mal gesagt, dass mich die Säfte überhaupt nicht interessieren. Sein Blick in dieser Sekunde: Unbezahlbar!!

Weinverköstigung, Achtung nur ein Symbolbild! (Fotocredit: flickr.com/slack12)

Weinverköstigung, Achtung nur ein Symbolbild! (Fotocredit: flickr.com/slack12)

Erst Saft, jetzt Wein…

Jetzt wollte ich Wein testen. Der Blick vom Vertreter nun: irgendwas zwischen „Spinnt der jetzt komplett?“ und „Scheiße, die Situation hat man mir in den Beraterworkshops nicht beigebracht“. Das schwierigste für mich war jetzt, dass ich nicht anfing laut loszulachen, ja nicht einmal grinsen durfte ich. Er stand auf und beriet sich am Weinregal mit seinem Kollegen. Ich war unbeobachtet und konnte wenigstens ein bisschen grinsen. Dann kamen die Beiden zurück und Vertreter 2 meinte, dass man Gäste normal nur 3-4 Gläser probieren lasse, ich hätte jetzt schon 8 Gläser und man könnt jetzt unmöglich auch noch mit Wein anfangen, wenn ich am Ende doch wieder nichts kaufen will. Um sie noch ein letztes Mal zu verwirren stimmte ich ihm zu und meinte nur , dass er vollkommen recht hätte und ganze Ganze mit mir totale Zeitverschwendung war.

Der Kopf von Vertreter 1 wurde immer roter. Ich zog es vor nun zu gehen. Anstandslos ließ man mich gehen. Im Weglaufen hab ich sie fluchen hören und endlich konnte ich loslachen. Das Spielchen hätte ich jetzt noch dreimal an den anderen Ständen spielen können, aber das hab ich dann doch sein gelassen. Wer weiß, ob der gesunde Vitalsaft nicht ungesund wird, wenn man zu viel davon trinkt.

Weitere Tricks an den anderen Ständen:

An zwei Ständen lief der Anfangstrick über Kärtchen, an einem weiteren hingen große Zettel, dass man seine Eintrittskarte kontrollieren solle. Endet diese auf die Ziffern 2, 5, 8 oder 9, dann gewann man ebenfalls eine Verköstigung. Beobachtet hab ich das auch kurz. Jeder der stehen blieb und seine Karte kontrollieren wollte, wurde sofort abgefangen und an ein Tischchen gesetzt. Die Endziffer war natürlich vollkommen scheißegal. Hauptsache die Besucher blieben stehen und fingen an nach der Eintrittskarte zu suchen.

Mein zweiter Besuch am Stand…

Ich hoff, ihr habt den Artikel bis hier her gelesen, sonst verpasst ihr nämlich das Beste. Am späten Nachmittag auf dem Weg zum Ausgang kam ich wieder am ersten Stand der Abzockerbande vorbei. Nun hatte Vertreter Nummer 2 einen   Kunden an Land gezogen und saß mit ihm am Tisch. Nummer 1 stand daneben und spielte jetzt den Chef. Genau dasselbe fiktive Feilschen wie bei mir vorher, nur andersrum jetzt. Ich konnt nicht anders und musst nochmal hingehen, direkt zum älteren Herren, der jetzt am Tisch saß und probierte. Dem hab ich den Ratschlag gegeben, dass er austrinken und dann aufstehen und gehen soll, weil er gerade komplett über den Tisch gezogen wird und das nur ein Spielchen sei. Ich wurde dann angeschnauzt ich soll hier keine Kunden belästigen und des Standes verwiesen.

Ich weiß leider nicht, wie es ausging, ob er aufstand und ging oder unterschrieben hat. Aber wenigstens konnten Mr. Good und Mr. Bad Vertreter in den 15 Minuten, in den ich ihre Zeit stahl keinen anderen über den Tisch ziehen. Wenn das nächstes Jahr jeder so aufopferungsvoll wie ich machen würde, dann könnten die sich 2013 keine Messestände mehr leisten. Dann wär ich glücklich 😉

Ihr werdet Euch vielleicht gewundert haben, wieso ich keinen Firmennamen nenne und nicht verlinke ist, aber nachdem ich die Firma Abzockerbande genannt hab, ist das vielleicht besser so.

Fotocredits:
Foto 1: (CC BY-NC-ND 2.0) by Landbruks- og matdepartementet, flickr.com
Foto 2: (CC BY-NC-ND 2.0) by slack12, flickr.com 


Dieser Artikel wurde am 14. Februar 2012 um 11:13 Uhr von mahrko veröffentlicht.
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Ein Kommentar

  • Reply Nils 14. Februar 2012 at 11:55:05

    Aber du könntest das ganze doch in „Saftladen“ abändern und dann dazuschreiben welcher es war 🙂

    Außerdem, man darf die Kath. Kirche Kinderfickerverein nennen, da ist Abzockerbande doch sehr moderat ^^

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