Eisenbahnreise 22. August 2018

Die Nacht auf Tag 18 der Tour Baltica: Mit dem Nachtzug der Finnischen Eisenbahn an den Polarkreis

Wenn es einen Bahngott gibt, dann muss er mich ziemlich gern haben. Im relativ gut besetzten Nachtzug von Turku nach Kemi hatte ich nur die Hälfte eines Zweier-Abteils gebucht. Glücklicherweise gehörte es aber trotzdem die komplette Fahrt mir allein. Oropax umsonst mitgeschleppt würd ich mal sagen.

Mein frisch bereit gestellter Nachtzug von Turku über Kemi nach Rovaniemi in der Abendsonne.

Mein frisch bereit gestellter Nachtzug von Turku über Kemi nach Rovaniemi in der Abendsonne.

Am Sonntagabend fuhr ich über Nacht 780 Kilometer von Turku ganz im Süden Finnlands immer nordwärts bis nach Kemi am Polarkreis. Um es gleich mal vorweg zu nehmen. Mein kleines Reich im Nachtzug der Finnischen Eisenbahn (abgekürzt VR) war perfekt ausgestattet. Sogar ein eigenes WC und Dusche hatte ich. Und geschlafen habe ich auch bestens. Das Bett ist auch für große Leute gut geeignet. Die Länge dürfte 2,00 Meter betragen haben.

Die Nasszelle im Nachtzug. Das Waschbecken musste man nur nach rechts schwenken, schon war die Dusche einsatzfähig.

Die Nasszelle im Nachtzug. Das Waschbecken musste man nur nach rechts schwenken, schon war die Dusche einsatzfähig.

Abfahrt in Turku war bereits um 21:15 Uhr, ab 20:55 Uhr stand der Zug am Gleis bereit zum Einsteigen. Dank der frühen Abfahrtszeit hatte ich noch Gelegenheit ein bisschen was zu essen im Zug. Das Bordrestaurant war leider erst ab Tampere angehängt, aber ich hatte ja Brötchen und Käse als Proviant gekauft. Meine Ankunft in Kemi war um 9:36 Uhr. Zumindest laut Plan. Aber mein Zug war wieder mal 4 Minuten zu früh am Ziel.

Den Sonnenuntergang und die tolle Lichtstimmung gab es gratis dazu.

Den Sonnenuntergang und die tolle Lichtstimmung gab es gratis dazu.

Insgesamt dauert die Zugfahrt rund 12 Stunden. Eine perfekte Fahrzeit für Urlauber würde ich mal sagen. Von den 12 Stunden stand der Zug etwa zwei im Bahnhof von Tampere, wo die Wagen des Zuges neu zusammengestellt wurden. Aber als Schlafzugreisender stört einen sowas ja nicht. Zumal ganz sanft gekuppelt wurde, hab ich die Zeit ohnehin verschlafen.

Mein kuscheliges Reich. Ich bezog das obere Bett. Gebucht hatte ich eigentlich das untere.

Mein kuscheliges Reich. Ich bezog das obere Bett. Gebucht hatte ich eigentlich das untere.

Das Abteil lässt sich genau nach seinen Wünschen temperieren. An jedem Bett gab es außerdem noch eine Leselampe. Wasserflasche und Handtücher stellte die Finnische Bahn ebenfalls zur Verfügung.

Wer lieber auf Nummer sicher gehen will, kann für rund 100 Euro übrigens auch das komplette Abteil für sich buchen. Dann muss man sich nicht auf den Bahngott verlassen.

Das untere Bett blieb glücklicherweise leer.

Das untere Bett blieb glücklicherweise leer.

Das Frühstück ans Bett bringt einem bei der VR leider keiner. Aber dafür kann man, wenn man will, ins Bordrestaurant gehen und dort was essen. Das hab ich jetzt allerdings nicht gemacht. Ich hatte ja noch Brötchen vom Abend davor.

Vor Abfahrt und in der Nacht wurde rangiert und die Wagen neu zusammen gestellt.

Vor Abfahrt und in der Nacht wurde rangiert und die Wagen neu zusammen gestellt.

Duschen konnte man in seinem kleinen Reich, indem man in der Toilette die hintere Wandverkleidung Richtung Toilette schwenkte. Fertig war die Dusche. Ich stand abends drunter und hatte mich gerade eingeseift, da ging das Wasser aus. Bin kurz erschrocken, aber man musste den Hahn einfach ein weiteres Mal antippen, dann kam wieder 30 Sekunden Wasser. Wohl eine Vorsichtsmaßnahme damit man nicht stundenlang duscht.

Im Flur konnte ich gerade noch so aufrecht gehen.

Im Flur konnte ich gerade noch so aufrecht gehen.

Im Nachtzug der Finnischen Eisenbahn gab es selbstverständlich auch wieder ein schnelles WLAN-Netz. Über Nacht hat mein Laptop ein vollständiges Bilderbackup in die Dropbox hochgeladen. Mit drei Steckdosen je Abteil konnten auch alle Gadgets bequem geladen werden über Nacht.

Gemütlich hatte ich es mir gemacht in meinem Abteil.

Gemütlich hatte ich es mir gemacht in meinem Abteil.

Wahrscheinlich fragt ihr euch jetzt schon die ganze Zeit, was die kleine Luxussuite gekostet hat. Kann ich euch verraten. Sie war überhaupt nicht teuer. 49 Euro das Bett – eigentlich mit Zweierbelegung im Abteil und 5 Euro Aufpreis für die Dusche. Macht zusammen also 54 Euro.

Der Blick am Morgen aus dem Zug.

Der Blick am Morgen aus dem Zug.

Das Ticket habe ich ganz einfach online bei der Finnischen Eisenbahn gebucht. Der Sparpreis beinhaltet kein Interrail-Rabatt, dafür eine herkömmliche Zugbindung. Den Interrail-Bettenaufpreis von 36 Euro konnte ich online nämlich nicht buchen. Und die Dame am Schalter der Deutschen Bahn in Wiesbaden meinte, dass der Zug ausverkauft sei. Sie könne leider kein Ticket buchen.

Ab Tampere führte mein Zug dann auch ein Bordrestaurant mit.

Ab Tampere führte mein Zug dann auch ein Bordrestaurant mit.

Wenige Minuten nach ihrer Aussage, hab ich das Sparpreis-Ticket dann online für ein bisschen mehr Geld gebucht. Es waren noch viele Betten auswählbar. Weiß auch nicht, wieso das am DB-Schalter nicht klappen wollte. Für mein Bett in der Norwegischen Bahn hingegen hat es funktioniert.

In der Onlinemaske der VR war einer der vier Schlafwagen vorausgewählt. Diesen hab ich aber nicht genommen. Ich nahm den, der am weitesten weg war von der Standardauswahl. Hatte ich doch darauf spekuliert, dass das Reservierungssystem ein dummes ist und erstmal einen Wagen nach dem anderen voll macht und ich mein Abteil so mit niemanden teilen muss. Hat ja dann auch geklappt.

Die Landschaft in Lapp. Irgendwie schon etwas karger.

Die Landschaft in Lapp. Irgendwie schon etwas karger.

Also wenn ihr mal in Finnland seid, eine Fahrt mit dem Nachtzug Richtung Norden kann ich jedem nur empfehlen! Bequemer und stilvoller über Nacht reisen kann man nicht.

Ganz im Gegenteil dazu Deutschland. Die Deutsche Bahn führt die letzten Jahre nach Abschaffung ihrer eigenen Nachtzüge immer mehr Nacht-ICEs ein. Aber das sind rollende Jugendherbergen. Noch dazu ohne Bett und bei voller Beleuchtung. Grauenhaft! Die Nightjets der ÖBB sind hier natürlich ausdrücklich ausgenommen. Damit reist man auch sehr toll. Zum Beispiel von Mainz nach Wien.

Hier noch der Sitzwagen, den mein Nachtzug mitführte. Aber 12 Stunden lang würde ich hier nicht sitzen wollen.

Hier noch der Sitzwagen, den mein Nachtzug mitführte. Aber 12 Stunden lang würde ich hier nicht sitzen wollen.

In Kemi blieb ich nicht lange, nach rund 20 Minuten Umsteigezeit traf mein Bus Richtung Schweden ein. Auf der Route nach Luleå gibt es nämlich eine Lücke im Eisenbahnpersonenverkehr. Mehr zur Busverbindung und meinem Hotel-Malheur im nächsten Blogpost.

Nützliche Links:

Statistik der Tour Baltica Nachtzug Turku – Kemi Gesamte Tour:
Kilometer: 770 Kilometer 5354 Kilometer
Im Zug* verbrachte Zeit: 12 Stunden 20 Minuten 75 Stunden 45 Minuten
Gesammelte Verspätung: -4 Minuten -38 Minuten
Anzahl der Züge: 1 20
Anzahl der Busse: 0 4
Anzahl der Schiffe: 0 1
Anzahl der Speisewagenbesuche: 0 2,5
Fahrpreis: 54 €* 277,23 €

* Mit Bett im Zweier-Abteil inkl. eigener Dusche und eigenem WC


Dieser Artikel wurde am 22. August 2018 um 10:23 Uhr von mahrko veröffentlicht.
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Ein Kommentar

  • Reply Sebastian 11. November 2018 at 12:20:37

    Hallo Marco,
    ich kann dir nur beipflichten: Der Nachtzug in Finnland gehört zu den besten in Europa. In kaum einem Schlafwagen habe ich je so gut geschlafen wie in dem mit der Eule. Erst letztens konnte ich mich auf der Fahrt nach Kemijärvi wieder davon überzeugen. 🙂
    Viele Grüße,
    Sebastian

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