Eisenbahnreise 25. August 2018

Tag 21 der Tour Baltica: Mein Wandertag zum Bunes Beach auf den Lofoten

Wenn ich jetzt verrate, dass ich nur zwei Nächte auf den Lofoten war, dann schimpfen bestimmt einige von euch mit mir. Wie kann er nur? Da fährt er so weit und plant dann so wenig Zeit für einen der schönste Plätze in Europa ein? Aber da kann ich nur den Busfahrer, der mich ab Narvik fuhr zitieren: „That’s the way how it is!“. Ich habe mich für eine große Rundtour entschieden und wer nicht gerade ein Sabbatjahr macht, der hat auf so einer Tour leider keine Zeit sich zwei Wochen lang an einem Ort aufzuhalten.

Das Wetter auf den Lofoten. Leider nicht das allerbeste.

Das Wetter auf den Lofoten. Leider nicht das allerbeste.

Wenn das Wetter mitspielt, dann ist das alles auch überhaupt kein Problem. Ich schau mir die Highlights an, mach viele Fotos und fahre weiter. Alles gut soweit. Schwierig wird es nur, wenn meiner Planung ein Regentag dazwischenkommt. Für solche war nämlich in meiner straffen Planung kein Platz!

Die Wettervorhersage für den 21. Tag meiner Reise, sprich meinem einzigen vollen Tag auf den Lofoten, wenn ich An- und Abreise abziehe, war nicht die beste. Aber es sollte am Mittag zumindest nur noch leichten Regen geben. Außerdem hatte ich gesehen, dass es in Vinstad ein Café geben soll, das von 13:00 bis 15:30 Uhr geöffnet haben soll. Da hätte ich mich dann ja noch ein wenig aufwärmen können. Wie sich später rausstellte, hat das Café aber wohl nur im Juli geöffnet.

Blick zurück auf den Fähranleger und Vinstad. Noch war es zumindest trocken.

Blick zurück auf den Fähranleger und Vinstad. Noch war es zumindest trocken.

Das Wetter wird schon noch dachte ich mir. Jetzt oder nie! Und so stieg ich morgens um 9:45 Uhr auf die Fähre, die mich nach Vinstad brachte. Vinstad ist eine Ansammlung von etwa zwölf Häusern am Bunes-Fjord, die man quasi nur auf dem Wasserweg erreicht.

Vinstad kann man als Ausgangspunkt zu einer kleinen Wanderung oder vielleicht sagen wir besser Spaziergang zum Bunes Beach nehmen. Einfache Strecke sind das keine drei Kilometer. Bei der Überlegung bei dem Mistwetter wirklich dort rauszufahren, spielte auch der Fährfahrplan eine gewisse Rolle. Ich wusste nämlich, wenn ich dort um 10 Uhr aussteige, dann muss ich auch bis um 16:00 Uhr dort bleiben. Vorher fährt nämlich kein Boot zurück nach Reine.

Die Natur zeigte sich auf der kurzen Wanderung von ihrer ganzen Schönheit.

Die Natur zeigte sich auf der kurzen Wanderung von ihrer ganzen Schönheit.

Als die Fähre die etwa 15 bis 20 Personen, die mit mir zusammen nach Vinstad fuhren, am Fähranleger rausließ, da war das Wetter noch ganz okay. Ich hatte es gar nicht so richtig wahrgenommen, aber auf den Fotos sah es zunächst sogar ein wenig sonnig aus. Die kleine Gruppe hatte sich auch recht schnell so verteilt, dass man wieder das Gefühl hatte, die Natur ganz allein für sich zu haben. Gekostet hat die Überfahrt hin und zurück etwa 12 Euro.

Leider hielt diese trockene Periode nicht lange. Schon nach kurzer Zeit begann es leicht zu nieseln. Aber für Nieselregen war ich mit meiner dünnen Wind- und Regenjacke mit Kapuze noch recht gut ausgestattet. Außerdem kam der Wind und Regen beim Hinweg immer von hinten, da spürte man ihn nicht ganz so doll.

Auf Pfaden wie diesem ging es schließlich Richtung Strand.

Auf Pfaden wie diesem ging es schließlich Richtung Strand.

Den ersten Kilometer führte noch ein befestigter Weg zwischen den weit verstreuten Häuschen Richtung Bunes Beach entlang. Als dieser endete, ging es auf schmalen Trampelpfaden hoch auf einen Bergrücken, eingezwängt zwischen zwei Felswänden. Zusammen mit dem starken Wind, der über die Grashalme zog, und den von den Bergen herabfallenden Wasserfällen machte das schon mächtig Eindruck.

Das Naturschauspiel steigerte sich sogar noch ein bisschen. Als man dann auf der anderen Seite des Bergrückens erstmals den Strand sehen konnte, war ich noch ein bisschen geflashter. War der Anstieg auf der dem Dorf zugewandten Seite noch ziemlich harmlos, ging es nun doch recht steil auf matschigen Pfaden runter zum Strand.

Kurz vor der Klippe runter zum Strand.

Kurz vor der Klippe runter zum Strand.

Bevor ich runter bin, dachte ich noch: Oh hoffentlich regnet es nicht, das wird sonst echt rutschig hier. Naja, ihr könnt es euch denken wie es ausging. Ich war kaum unten am Strand angekommen, schon setzte richtiger Regen mit schwerem Sturm ein. Das Wasser kam nun eher von vorne als von oben.

So sah der der Abstieg zum Strand runter aus.

So sah der der Abstieg zum Strand runter aus.

Meine kleine Regenjacke hielt das sogar noch relativ gut aus, aber für meine Völlig-fehl-am-Platze-Jeans war das überhaupt nichts. In sehr kurzer Zeit zog sie sich so mit Wasser voll, dass man meinen konnte, ich sei durch ein hüfttiefes Schwimmbecken gelaufen.

Ein Foto vom Vortrag. Meine dünne Regenjacke und meine einzige lange Hose. Eine Jeans.

Ein Foto vom Vortrag. Meine dünne Regenjacke und meine einzige lange Hose. Eine Jeans.

Einen Regenunterschlupf gibt es am Bunes Beach leider keinen. Nur am Ende der Bucht sah man eine Hütte, von der ich aber auch nicht wusste, ob sie denn nicht verschlossen war. Es sah nicht so weit aus und am Strand unten war ich eh schon, also wollte ich erstmal dorthin marschieren.

Aber je länger ich über die fast ebene Strandfläche lief, desto mehr fragte ich mich, komme ich hier nachher überhaupt wieder zurück? Oder ist der Strand gerade nur so groß, weil Ebbe herrscht? Anders als die meisten anderen Wanderer von meinem Boot war ich ja nicht mit Zelt und Schlafsack ausgerüstet. Ich beschloss also, dass es wohl klüger sei ihnen nicht zu folgen und lieber umzukehren.

Unten am Strand haben sogar ein paar Wanderer übernachtet.

Unten am Strand haben sogar ein paar Wanderer übernachtet.

All der Regen, der aufgrund der Windrichtung bis eben noch von hinten kam, peitschte mir von nun an direkt ins Gesicht. Außerdem wartete der steile, jetzt noch matschigere, Hang auf mich. Aber der ließ sich eigentlich ganz kurz bezwingen, hatte ich mir schlimmer vorgestellt.

Ich hatte wohl noch die Wanderung durch die Reisterrassen im Norden Vietnams im Kopf. Aber da hatte ich auch Sneakers mit arschglatter Sohle an. Nun war ich ja immerhin mit Golfschuhen unterwegs. Sehen aus wie normale Adidas-Schuhe, haben aber eine wesentlich griffigere Sohle! Seit ich das rausgefunden habe, kauf ich nur noch solche! Gerade auch im Winter sind super.

Aus allen Richtungen flossen kleine Wasserströme Richtung Meer.

Aus allen Richtungen flossen kleine Wasserströme Richtung Meer.

Eins sind sie leider nicht. Wasserdicht. Und so dauerte es in diesem Regenschauer nur wenige Minuten, bis mir das Wasser wieder genau wie im Wald bei Straßburg bei jedem Schritt aus den Schuhen quoll. Laut den zuletzt mit der Kamera geschossenen Fotos setzte der Regen etwa um 11:30 Uhr ein. Den Weg zurück zum Fähranleger legte ich auf dem Rückweg nun deutlich schneller zurück und gegen 12 Uhr traf ich dort wieder ein.

Bei der Ankunft am Morgen hatte ich nämlich gesehen, dass es dort ein kleines Wartehäuschen gibt. Dort warteten schon fünf Franzosen und zwei Österreicher auf besseres Wetter. Ich rechnete nochmal die Wartezeit bis zur Fähre nach. Aber von 12 bis 16 Uhr, das waren vier Stunden, da konnte ich noch dreimal nachrechnen.

Eins meiner letzten Bilder von diesem Tag. Man sah nur noch die Regenwand.

Eins meiner letzten Bilder von diesem Tag. Man sah nur noch die Regenwand.

Bei nasskalten Temperaturen um die 13 Grad, sollte ich nun also vier Stunden in nasser Kleidung herumsitzen. Ein toller Ausblick. Anfangs fror ich ja noch nicht mal, ich hatte nur große Sorge, dass ich krank werden könnte. Und krank werden kann ich mir auf meiner straff durchgeplanten Route eigentlich überhaupt nicht erlauben.

Naja, es half ja alles nichts. Genau wie die beiden Österreicher versuchte ich also ein wenig vor mich hinzudösen, vielleicht verging die Wartezeit so ja schneller. Zunächst ging das noch, als wir nur zu siebt waren. Aber so ab 13 Uhr wurde es immer voller. Zuletzt zählte ich 27 Leute auf rund 16 Quadratmetern Hütte.

Das Bild entstand ziemlich am Anfang. Da hatten wir noch gut Platz in der Hütte.

Das Bild entstand ziemlich am Anfang. Da hatten wir noch gut Platz in der Hütte.

Die vielen Leute und der Gaskocher der Franzosen wärmten zumindest ein bisschen. Aber weil laufend jemand rein und rausging, stand auch ständig die Tür offen und der eisige Wind zog rein. Wie sich rausstellte, gehörten die meisten der Neuankömmlinge zu einer großen Reisegruppe aus Bergen im Süden Norwegens.

Rund 20 zum großen Teil weibliche Wanderer, die meisten laut eigener Aussage über 70 Jahre alt, trafen hier am Fähranleger von ihrer fünfstündigen Wanderung ein! Die waren bestens ausgerüstet für das Sauwetter, so muss ich das nächste Mal dann auch auf die Lofoten fahren. Die entsprechende Kleidung mit Wanderschuhen, wasserdichter Hose und guter Regenjacke liegt bei mir daheim. Ich wollt sie nur nicht 30 Tage im Rucksack mitschleppen.

Anders als mit den Franzosen kam man mit den Grannies schnell ins Gespräch. Sie erzählten mir, dass sie noch jedes Jahr solche mehrtägigen Wanderungen in der Gruppe unternehmen. Letztes Jahr seien sie zum Beispiel von Oberstdorf nach Meran über die Alpen gelaufen. Wenn ich das mit über 70 Jahren auch noch so schaffe, dann kann ich wohl froh sein!

So hätte ich mir das Wetter gewünscht. Aber leider hielt der Sonnenschein keine zwei Minuten.

So hätte ich mir das Wetter gewünscht. Aber leider hielt der Sonnenschein keine zwei Minuten.

Aber auch sonst waren die Damen ganz anders als Siebzigjährige, die ich sonst so kenne. Ein Smartphone. Ja klar, hatte jede. Die Wanderroute in einer GPS-App aufgezeichnet. Ehrensache! Stolz zeigten sie außerdem Fotos herum. Auch für meine Tour hatten sie große Begeisterung. Nur eins konnten sie nicht verstehen. Wieso in aller Welt hat der junge Mann hier draußen eine Jeans an. Gesagt haben sie nichts, aber ich sah es an ihren mitleidigen Blicken.

Im Laufe des Gesprächs stellte sich dann raus, dass die Wandertruppe nicht auf die Fähre um 16 Uhr wartete, sondern sich ein Boot für ungefähr 14 Uhr bestellt hatte. Meine Chance! Ich musste nur einmal lieb fragen. Sofort setzten sich vier von ihnen bei ihrem Guide dafür ein, dass sie das bei der Ankunft des Bootes mit dem Kapitän abklären solle. Das Boot durfte ja nicht überladen werden und wir alle wussten nicht genau, ob nun ein Boot für exakt 20 Personen oder vielleicht eins für 25 oder 30 kommen würde.

Meine Rettung. Das Boot der Norweger Omis hatte mich mitgenommen!

Meine Rettung. Das Boot der Norweger Omis hatte mich mitgenommen!

Kurz vor 14 Uhr war es dann soweit. Nach zwei Stunden Wartezeit stand ich am Scheideweg. Wird der Kapitän ja sagen? Oder muss ich weitere zwei Stunden in der doofen kalten Hütte ausharren bis das richtige Boot kommt? Ich hatte Glück! Ich durfte mit.

Durchgefroren und in meiner nassen Regenjacke, die ich nun wieder angezogen hatte, stieg ich auf das Boot. Rund zwanzig Minuten später liefen wir wieder im Hafen von Reine ein. Nun trennten mich nur noch 200 Meter Fußweg von einer heißen Dusche im Hotel! Höflichst bedankte ich mich zunächst aber noch mehrmals bei meinen Retterinnen.

Ein Foto der Überfahrt. Der kleine Scheibenwischer hatte schwer zu tun.

Ein Foto der Überfahrt. Der kleine Scheibenwischer hatte schwer zu tun.

Ein paar Minuten später war es dann endlich so weit. Ich konnte meine nassen Socken und nasse Jeans ausziehen. Bei der Jeans war das gar nicht so einfach, die klebte regelrecht an mir. Nach fünf Minuten unter der heißen Dusche taute ich so langsam wieder auf.

Von der Natur hatte ich für den Tag also erst einmal genug. Mit ein paar Tassen heißem Tee verkrümelte ich mich in mein nettes Zimmer und heizte ordentlich ein. Hauptsächlich, damit ich die Jacke, den Pulli und die Hose bis um nächsten Morgen wieder trocken bekomme. Lange Kleidung habe ich doch nur in einfacher Ausführung mit.

Als es dann nach vielleicht einer Stunde unerträglich heiß wurde, öffnete ich wie nach dem Regenguss auf dem Rad das Fenster. Aber die Heizung blieb an! Jetzt so zwei Tage später kann ich auch sagen, dass mein Körper es gut weggesteckt hat. Bin nicht krank geworden. Hab mir noch nicht mal eine Erkältung eingefangen.

Am nächsten Tag traf man sich wieder am Dorfplatz. Und die Omis hatten bereits ihren Busfahrer gefragt, ob ich auch wieder mitfahren könne. Aber am zweiten Tag fuhren sie leider in die falsche Richtung.

Am nächsten Tag traf man sich wieder am Dorfplatz. Und die Omis hatten bereits ihren Busfahrer gefragt, ob ich auch wieder mitfahren könne. Aber am zweiten Tag fuhren sie leider in die falsche Richtung.

Nächstes Mal, wenn ich auf die Lofoten reise, dann also mit besserer Kleidung und länger als zwei Tage. Die Inselgruppe ist es nämlich echt wert! Und eventuell mit eigenem Mietwagen. Die Busverbindungen dort erfordern nämlich echt viel Planung und Disziplin.

Dieses Mal war das leider keine Option. Meine Reise sah ja vor, die Lofoten mit der Fähre zu verlassen. Sprich ich hätte den Mietwagen in Narvik mieten und in Bodø zurückgeben wollen. Vier Tage Mietdauer hätten 180 Euro gekostet, das hätte ich mir noch geleistet. Aber da wären nochmal 450 Euro Einweggebühr plus Fährüberfahrt mit Auto oben drauf gekommen, also verwarf ich die Idee schnell wieder.

Am Abend wurde das Wetter sogar nochmal richtig schön!

Am Abend wurde das Wetter sogar nochmal richtig schön!

Nach einem ruhigen Abend in meinem Zimmer und im nett eingerichteten Gemeinschaftsraum der Unterkunft verließ ich diese nach zwei Nächten auch schon wieder. Nach dem Frühstück hieß es aufbrechen Richtung Fährhafen in Moskenes.

Nützliche Links:

Statistik der Tour Baltica Fähre Reine – Vinstad und zurück Gesamte Tour:
Kilometer: 13 Kilometer 6380 Kilometer
Im Zug und Bus verbrachte Zeit: 40 Minuten * 93 Stunden 55 Minuten
Gesammelte Verspätung: — ** -21 Minuten
Anzahl der Züge: 0 21
Anzahl der Busse: 0 7
Anzahl der Schiffe: 2 3
Anzahl der Speisewagenbesuche: 0 3,5
Fahrpreis: 12,00 € 401,53 €

* Diese Etappe auf der zwei Fähren.

** Streng nach meinem Schema müsste ich eigentlich 120 Minuten Verfrühung eintragen, aber das würde die Statistik zu sehr verfälschen. Daher keine Wertung für diesen Ausflug.


Dieser Artikel wurde am 25. August 2018 um 10:48 Uhr von mahrko veröffentlicht.
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