Nach dem Besichtigungsreinfall am Vortrag im Katharinenpalast, wollte ich einen Tag später auf Nummer sicher gehen. Im Schloss Peterhof sollte mir das Schlangen-Debakel nicht nochmal passieren. Also erkaufte ich mir für verdammte 38 Dollar eine Gruppenzugehörigkeit mit fester Einlasszeit. Ohne Schlangestehen! Das normale Ticket für den Park und das Schloss hätte gerade mal 13 Euro gekostet. Aber sei’s drum….
Bei GetYourGuide gab’s auch noch andere, noch teurere Tickets. Mit Abholung am Hotel und all so Kram. Aber auf ganz soviel Pauschalurlauberfeeling hatte ich keine Lust. Auch vom Schnellboot zum Schloss Peterhof hielt ich Abstand. Ich wählte erneut eine Zugverbindung mit der Russischen Eisenbahn. Die Fahrzeit nach Nowy Peterhof sollte rund 40 Minuten ab dem Baltischen Bahnhof dauern. Im Fahrkarten kaufen am Automat war ich nun ja auch schon geübt, so ging alles schneller von statten.
Kaum im Zug sitzend twitterte ich noch, dass man mit den Bahnhofssperren beim Zu- und Ausstieg und den zusätzlichen Kontrollen im Zug eigentlich überhaupt nicht Schwarzfahren kann in Russland. Die Fahrkartenkontrolle fünf Minuten später belehrte mich eines besseren. Man konnte doch! Irgendwas war mit meinem Ticket nicht in Ordnung. Aber die Kontrolleurin konnte kein Englisch und ich kein Russisch. Ich dachte, stelle dich ein bisschen dumm, dann wird die schon ein Auge zudrücken. Die gebuchte Strecke hatte ja gepasst. Nur irgendwas mit der Zugnummer nicht.
Aber sie ließ nicht locker, rief mehrere Kollegen herbei. Ein älterer von ihnen konnte Deutsch, Torsten meinte, der wäre vielleicht mal in der DDR stationiert gewesen. Der hat mir dann erklärt, dass bei meinem Ticket für 60 Rubel kein Expresszuschlag für den schnellen Regionalzug mit dabei sei. Ich müsste bitte für 147 Rubel ein neues Ticket kaufen. Da die eindeutig in der Überzahl waren und 147 Rubel ja auch nur 1,90 Euro, hab ich das Ticket halt gekauft. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich noch gefreut, kam ich doch ohne 60€-Strafe wie in Deutschland davon und überaus freundlich waren die russischen Zugbegleiter auch noch. Ganz anders wie die Truppe in der Rhein-Main S-Bahn….
Als ich bei der Rückfahrt jedoch am Automat rausgefunden hatte, wie man diese Eil-Regionalzüge bucht und dass er eigentlich nur 67 Rubel kostet, da war ich schon ein bisschen verärgert. Wegen 7 Rubel Aufpreis hat die Olle so einen Aufstand gemacht! Das sind fucking 9 Cent, die ich zu wenig bezahlt hatte für ihren seltsamen Eil-Regionalzug. Naja sei’s drum…
Zurück zum Schloss! Angekommen am Bahnhof in Nowy Peterhof, musste ich noch rund 2 Kilometer zu Fuß zurücklegen bis zum Eingang des Schlosses. Man hätte auch für ein paar Cent mit dem Bus fahren können, aber ich war sehr früh dran und der Weg führte wie am Vortag wieder durch die ersten Ausläufer des Schlossparks. Durch wunderschöne Alleen ging es also Richtung Schloss Peterhof an der Ostseeküste.
Dort angekommen fand ich auch gleich das Café, an dem wir unseren Guide finden sollten. Es war jetzt 9:55 Uhr. Ich hatte die 11:20 Uhr-Führung gebucht. Aber ich hab nachgefragt, ob ich in die Führung um 10:20 Uhr wechseln könne. War kein Problem. Nach verkürzter Wartezeit ging es dann mit einer bunt gemischten Truppe Richtung Gruppeneingang von Schloss Peterhof.
Wir mussten Überschuhe über die Schuhe ziehen und wurden mit Audioguides ausgestattet. Schick ging es los. Im Schnell-rein-kurz-Verweil-schnell-weiter-Verfahren wurden tausende Touristen die Stunde durch die Räume geschleust. So auch wir. Fotos machen war bis auf in zwei Räumen erlaubt. Einer davon war das Chinesische Zimmer, in dem man auch nicht stehen bleiben durfte. Angeblich wegen der Luftfeuchtigkeit.
Die Räume waren ähnlich prunkvoll wie im Winterpalast, aber dass man im Peterhof sein Tempo nicht selbst bestimmen konnte, auch nicht als Einzelreisender, das hat mich ziemlich genervt. Nach 20 Räumen und etwa 55 Minuten war die Führung dann auch schon zu Ende. Nun hieß es nur noch schnell den Audioguide zurückgeben und Schutzschuhe ausziehen. Danach wurden wir wieder in die Einzelgängerfreiheit Richtung Park entlassen.
Der Park wird bestimmt durch die große Kaskade. Fotos davon habt ihr zu Beginn des Blogposts schon gesehen. Ein gigantischer Springbrunnen direkt vor dem Palast. Aber auch sonst findet man im Park überall Wasserfontänen. Insgesamt sollen es 176 Stück sein, aber ich muss euch enttäuschen. Ich hab sie nicht nachgezählt. Allen gemeinsam ist, dass sie über ein ausgeklügeltes System von Druckleitungen aus natürlicher Kraft von Quellen in rund 25 Kilometer Entfernung gespeist werden.
Eine weitere Besonderheit des Schlosses ist, dass es die einzige Palastanlage weltweit ist, die direkt am Meer liegt. Von der Kaskade fließt das Wasser dann über einen 400 Meter langen Kanal direkt in die Ostsee. Hier hat Zar Peter I. auch einen Hafen bauen lassen, so dass er sein Schloss direkt mit dem Schiff ansteuern konnte. Heute nutzen die Schnellboote nach St. Petersburg diesen Hafen. Eine Fahrt damit ist aber relativ teuer, ich glaube um die 9 Euro.
St. Petersburg, beziehungsweise der Peterhof, liegt nicht direkt an der offenen Ostsee, sondern an der Finnischen Bucht. Diese konnte an der Meerenge von Kronstadt relativ gut verteidigt werden. Zum Schutz wurden hier zahlreiche Forts mitten im Wasser und das Kronschlot auf der Insel Kotlin errichtet.
Unterteilt ist die Parkanlage in einen unteren und einen oberen Parkteil. Über den unteren, dem Meer zugewandten Teil, habe ich ja schon geschrieben. Der obere Teil des Parks liegt in Front des Palastes. Ihn sieht man zuerst, wenn man mit der Kutsche oder dem Zug am Schloss ankommt. Dieser entspricht einem französischen Barockgarten. Wohl deswegen wird Schloss Peterhof auch gern mal als „russisches Versailles“ bezeichnet.
Für mich hieß es dann gegen 15 Uhr Abschied nehmen von den Gärten. Durch die vorgezogenen Parks ging es zurück zum schmucken Bahnhof von Newy Peterhof. Ab hier fährt etwa alle 30-50 Minuten wieder ein Zug zurück nach St. Petersburg. Diesmal auch mit dem korrekten Ticket. Man muss am Automat nämlich auf „Eil-Regionalzug“ tippen. Dann spuckt er das richtige Ticket aus. Die Automaten der Russischen Eisenbahn lassen sich auf Deutsch bedienen, das war sehr komfortabel.
In der Fünf-Millionenstadt brach dann mein letzter Abend an. Nach einem kurzen Streifzug durch die wirklich musikverrückte Stadt und dem Abendessen – diesmal eher landestypisch – ging es Richtung Hotel. Am nächsten Morgen musste ich gegen 5:20 Uhr aufstehen. Mit einer Zugfahrt nach Finnland ging die Reise weiter.
Zu den weiteren Blogposts aus St. Petersburg
- Übersichtsartikel: Tag 8 bis 12 der Tour Baltica: Fünf Nächte in St. Petersburg
- Pflichtprogramm in St. Petersburg – ein Rundgang durch die Eremitage und Winterpalast
- Eisenbahnmuseum – ein Museum der Extraklasse!
- Unterwegs ins den schönsten Metro-Stationen der Stadt
- Abseits des Mainstreamprogramms: ein Blick ins Straßenbahnmuseum
- Mein Abstecher in den Katharinenpalast
Nützliche Links:
Statistik der Tour Baltica | St. Petersburg – Peterhof und zurück | Gesamte Tour: |
Kilometer: | 57 Kilometer | 2913 Kilometer |
Im Zug verbrachte Zeit: | 1 Stunde 20 Minuten | 44 Stunden 30 Minuten |
Gesammelte Verspätung: | -2 Minuten | -31 Minuten |
Anzahl der Züge: | 2 | 15 |
Anzahl der Busse: | 0 | 4 |
Anzahl der Speisewagenbesuche: | 0 | 1,5 |
Fahrpreis: | 3,63* € | 133,83 € |
* eigentlich nur 1,76 €, aber ich musste ja ein Ticket zum Bordpreis nachlösen.